1868 -
Leipzig
: Arnoldi
- Autor: Otto, Christian Traugott
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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15 Pulsschläge, so ist die Gewitterwolke gegen eine Meile entfernt.
Folgt der rollende Donner fast augenblicklich aus den leuchtenden Blitz,
so ist uns das Gewitter sehr nahe und man hat sodann Ursache, alle
Vorsicht zu gebrauchen. Zuweilen geschieht es auch, daß wir den Blitz
in der Ferne sehen, ohne etwas vom Donner zu hören. Dieß nennt
man das Wetterleuchten, oder man sagt auch, das Wetter kühlt
sich ab. In diesem Falle blitzt es in solcher Weite von uns, daß wir
wegen der großen Entfernung den Donner gar nicht wahrzunehmen
im Stande sind, oder die Luft entzündet sich in einer sehr hohen Gegend,
wo die Lust sehr dünn, und mithin nicht fähig ist. eine bedeutende Er-
schütterung zu erregen. Am furchtbarsten brüllt der Donner in Ge-
birgsgegenden. Denn hier hallt er vielfach wieder, weil die erschütterte
Lust von einem Berge zum andern gestoßen wird.
tlutzen des Gewitters.
Von großem Nutzen ist für uns das Gewitter. Wenn es sehr
schwül ist, so daß uns das Athemholen schwer wird, so warten wir
mit der größten Sehnsucht auf ein wohlthätiges Donnerwetter, wodurch
die Luft sich abkühlen soll. Und dieß geschieht auch wirklich. Denn
der Regen, welcher gewöhnlich in großer Masse vom Himmel herab-
fällt, mäßigt die Hitze der Atmosphäre; dasselbe bewirkt der Wind,
von dem das Gewitter begleitet zu sein pflegt, und weil dieses durch
Kälte in den höheren Gegenden der Lust sich erzeugt, so folgt auch
darauf eine Abkühlung. In den Sommertagen werden wir von Mil-
lionen Insekten umschwärmt, die uns eben so sehr wie den Thieren
lästig werden. Nach einem Gewitter finden wir, daß sich die Anzahl
der Jnsecten vermindert hat, weil sie durch das verzehrende Feuer des
Blitzes schaarenweise umgekommen sind. Auch in sofern verdanken
wir dem majestätischen Gewitter eine große Erleichterung. Und wie
wird die Pflanzenwelt durch den Gewitterregen erquickt und gleichsam
neu belebt! Das Getreide auf ven Feldern, die Blumen, Sträucher
und Baume in den Gärten schmachten in der schwülen Luft nach Er-
quickung und hängen traurig ihre Blätter. Nun erfolgt der warme
Regen und -tränkt das durstige Erdreich. Sogleich nimmt Alles eine
andere Gestalt an. Die Pflanzen sind gestärkt und stehen aufrecht, die
Blätter grünen, das Gras der Wiesen erquickt unsere Augen, Menschen
und Thiere athmen freier und erholen sich in der verjüngten Natur.
Zur Beförderung solcher Fruchtbarkeit trägt der Donner nicht wenig
bei; denn wenn er in den Wolken rollt, so erschüttert er die Erde so,
daß sie bisweilen zu zittern scheint. Auf diese Weise wirv das Land
aufgelockert und fähig gemacht, den Regen in sich aufzunehmen. Mag
daher der Boden vorher felsenfest sein, wir finden ihn nach dem Ge-