1830 -
Dresden Leipzig
: Arnoldi
- Autor: Otto, Christian Traugott
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
109
Der Reichstag zu Augsburg 1530.
Im Februar 1530 war Karl V. vom Papst in Ita-
lien als Kaiser gekrönt worden, und Karl hatte in seinem
Eide feierlich versprechen müssen, die römische Kirche zu
schützen und zu erweitern, dagegen der Verbreitung dcs
evangelischen Glaubens nach allen Kräften Einhalt zu thun.
Noch wagte der Kaiser feine Gewalt; vielmehr schrieb er
einen Reichstag z«. Augsburg in Baiern aus, auf wel-
chem sich die katholischen wie die protestantischen Fürsten
zu einem gütlichen Vergleiche Anfinden sollten. Dieß ge-
schah. Johann der Beständige langte bereits am
2tcn Mai 1530 zu Augsburg an, begleitet von seinem
Hofprcdigcr S p a l a t i n, von Philipp M e l a n ch t h o n,
und von mehren Grafen und Rittern, die mit ihren be-
waffneten Dienern 160 Personen ausmachten. Luthern
ließ man in der Festung K o b u r g zurück, theils weil man
fürchtete, er möge auf dem Reichstage zu derb sprechen,
theils weil man für seine Sicherheit besorgt war; denn
er befand sich noch immer in der Reichsacht. >s Wahrend der
Abwesenheit des Kaisers ließ nun Johann der Beständige
von Melanchthon die Hauptpunkte des evangelischen Glau-
bens in einer besondern Schrift aufsetzen, damit dieselben
den Reichsstandcn vorgelegt werden könnten. Melanchthon
arbeitete die unterscheidenden Lehren der katholischen und
evangelischen Kirche mit aller Ruhe aus. Luther bekam sie
in Koburg zur Durchsicht, billigte sie durchgehends, und
bemerkte blos, er könne nicht so leise treten, wie Melanch-
thon. Endlich traf auch der Kaiser am 15. Juni 1530
in Augsburg ein, gerade am Tage vor dem Frohnleich-
namfeste, einem höchst wichtigen Feste der Katholiken.
An demselben finden Prozessionen oder feierliche Aufzüge
Statt, und cs wird Messe gelesen. Der Kaiser ließ durch
seinen Bruder Ferdinand den protestantischen Fürsten an-
befehlen, sie sollten der Messe, so wie der Prozession am
folgenden Tage beiwohnen. Indeß Georg, Markgraf von
Brandenburg, protestirte im Namen der fiebrigen gegen
beide Forderungen und setzte hinzu: „Ich will lieber aus
der Stelle niederknieen und mir den Kopf abhauen lassen,
ehe ich Gott und sein heiliges Evangelium verleugne."