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1. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 138

1864 - Breslau : Leuckart
138 Geschichte. zu Ketzern, wodurch die Religion und die Sitten des Volk, untergraben würden. Besonders konnten es ihm die Strelitzc. - nicht verzeihen, daß er ihnen seine neue Garde vorzog. Sophie nährte von ihrem Kloster aus die Unzufriedenheit, und so ent- spann sich bald eine neue Empörung, die Peter wiederum mit Hilfe seiner neuen Soldaten dämpfte. Nun entschloß sich Peter, eine Reise ins Ausland zu machen, aber nicht als Czar, sondern blos als Mitglied einer Gesandt- schaft, welche nach russischer Sitte die auswärtigen Fürsten besu- chen sollte. Lefort war Anführer dieser Gesellschaft, die aus mehr als 200 Personen bestand. Der Zug ging über Königsberg. Peter gab sich alle Mühe, um nicht erkannt zu werden, aber eben dies verrieth ihn. Bei einem Gastmahle, das ihm der Kurfürst Friedrich gab, hatte Peter zu viel getrunken und gerieth mit Lefort in so heftigen Streit, daß er den Säbel gegen ihn zog und ihn beinahe getödtet hätte. Am folgenden Tage empfand er tiefe Reue darüber. „Ach!" rief er schmerzhaft aus, „ich will mein Volk gesitteter machen und vermag doch nicht, mich selbst zu zähmen!" Dann setzte er die Reise über Berlin nach Amsterdam fort. Amsterdam war für ihn eine neue Welt. Das Gewühl der Kaufleute, der Schiffer, der Soldaten; die Schleusen, die Dämme, die Maschinen, die Schiffe: Alles erfüllte den jungen Herrscher mit freudigem Erstaunen. Darauf begab er sich nach Saardam, einem ansehnlichen Dorfe bei Amsterdam, wo großer Schiffbau getrieben wird, und 700 Windmühlen aller Art stehen. Hier erschien er- als gemeiner Russe in vaterländischer Tracht. Da fingen seine Arbeiten an. Jeden Morgen ging er, mit dem Beile in der Hand, nach den Schiffswerften, arbeitete wie der gemeinste Zimmermann, und ließ sich Peter Baas nennen. Er versuchte auch andere Hand- werke; selbst in der Schmiede hämmerte er, und seine Hofleute mußten ihm die rußigen Kohlen mit ihren weißen Händen zureichen, worüber sie gar verdrießliche Gesichter schnitten. Von Saardam ging er nach Amsterdam zurück, besuchte Gelehrte, Künstler, Handwerker, nahm mehrere von ihnen in seine Dienste und schickte sie nach Rußland. Dasselbe that er in England, welches er auf Einladung des dasigen Königs besuchte. Vorzüglich erregte das englische Seewesen seine Aufmerksamkeit. Der König veran- staltete eine kleine Seeschlacht. Ein so furchtbar schönes Schau- spiel hatte er noch nie gesehen. „Wahrlich!" ries er aus,^ „wäre ich nicht zum Czaren von Rußland geboren, so möchte ich eng- lischer Admiral sein!" Nach einem dreimonatlichen Aufenthalte reiste er über Holland, Dresden und Wien zurück und wollte eben nach Italien, als ihn die Nachricht, daß sich die Strelitzeu schon wieder empört hatten, in sein Reich zu eilen zwang.
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