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1. Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen - S. 205

1864 - Breslau : Leuckart
Das Dorstellungsvcrmögen. 205 auf seine Angelschnur hinstarrt. Ernst spricht von den Annehm- lichkeiten, die er genossen und von den schönen Pflanzen, die er gefunden hatte. Bernhard aber zeigt ihm, missvergnügt über den schlechten Fang, ein geangeltes Fischchen vor. Von den Schönheiten der Gegend, von der Thier- und Pflanzen- welt hatte er wenig wahrgenommen; denn seine Augen waren meist auf das Federchen der Angelschnur gerichtet. Da es jetzt Zeit zur Rückkehr war, gingen beide Brüder zu Karl, der noch schlief. Ernst berührte ihn leise, allein er kam nicht gleich zur Besinnung, sondern fing an im Schlafe von den Tauben und Hübnern, die er gern fütterte, zu sprechen; dann aber erwachte er plötzlich mit einem Schrei, sah sich ängst- lich nm und erzählte: es habe ihm geträumt, des Nachbars Katze sei über eine junge Taube hergefallen, und er wollte ihr eben den Raub entreissen. Als die Kinder zu Hause ange- langt waren, wurden sie über ihre kleine Wanderung vom Vater befragt. Ernst zeigte die gesammelten Pflanzen und erzählte viel von seinen Beobachtungen. Da seine Seele eine Menge deutlicher Vorstellungen empfangen hatte, so konnte er sich auch viele wieder vor die Sinne gestellt denken und darüber berichten. Warum Bernhard wenig, und Karl fast nichts zu sagen wusste, ist leicht einzusehen. Der Vater war mit Ernst zufrieden, Bernhard gab er den Rath, sich den Liebhabereien nicht so sehr hinzugeben und seine Beharrlichkeit edleren Gegenständen zu widmen; dem Jüngsten wurde aber gesagt, sich künftig nach einer kleinen Ermüdung nicht gleich vom Schlafe beherrschen zu lassen. Diese Erzählung zeigt uns drei Knaben zu gleicher Zeit an einem Orte, von denen der eine fast keine, der andere wenige, der dritte viele Vorstellungen in sich aufnahm. Karl lag zwar mit verschlossenen Augen da, war also nicht im Stande zu sehen; allein die anderen Sinne, Gehör, Geruch und Gefühl, standen den .Eindrücken offen, und dennoch nahm er keinen der vielen Laute, keinen Duft und Lufthauch wahr. Wie ging das zu? Während des Schlafes weiss man nicht, dass man sich auf der Welt befindet, oder man hat kein Be- wusstsein. In einem solchen Zustande ist die Seele unvermö- gend die Sinneswerkzeuge zu gebrauchen. Fängt der Schlaf an weniger fest zu werden, so kehrt das Bewusstsein allmälig zurück, und sogleich beginnt auch die Thätigkeit der Seele. Vor dem Eintritte der Besinnung bildet sie Vorstellungen, selbst ohne Hilfe der Sinne, indem sie die gehabten wieder- holt. Solche Vorstellungen, wie sie Karl kurz vor dem Erwa- chen hatte, heissen Träume. An Träume können wir uns
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