1869 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert, Bender, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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ein Blockhaus zimmerten. Für das Vieh, das sie mitbrachten, bauten sie
einen Zaun aus Holz. Um Ackerland zu gewinnen, wurden die Waldbäume
gefällt, die Aste abgehauen, die Stämme zersägt und aus Haufen gelegt.
Diese wurden angezündet und so das gelichtete Land zur Aussaat, besonders
zum Mais.zugerichtet. Der Boden gewährte reichlichen Ertrag. Aber nicht
selten geschah cs, daß die Ureinwohner, die Indianer, ein solches Block-
haus in der einsamen Wildniß überfielen. Die Bewohner wurden gemordet,
das Vieh wurde weggeführt und die Wohnung den Flammen übergeben.
Dennoch kamen immer neue Ansiedler nach, und noch heute gehen jährlich
Ströme von Auswanderern — Engländer, Franzosen, Deutsche und
Holländer — nach Westen. Haben sich mehrere Familien neben einander
angebaut, so nimmt die Regierung der Vereinigten Staaten von dem Lande
Besitz. Die Felder werden ausgemessen; die Gegend wird in große Ouadrate
getheilt und erhält einen Namen. Es wird genau der Punkt bestimmt, wo
ein Ort stehen soll. Straßen, Plätze, Kirchen werden verzeichnet, und
eine Stadt ist auf dem Papier lange fertig, ehe in der Wirklichkeit etwas
von ihr zu sehen ist. In der Regel dauert es aber nicht lange, so erheben
sich die ersten ordentlich gebauten Häuser; Handwerker siedeln sich an, und
wo noch vor wenigen Jahren Urwald war, stehen in nicht langer Zeit die
Wohnungen betriebsamer Menschen. Viele Tausend Deutsche haben ihr Vater-
land verlassen und sich aus diese Weise in den fernen Wäldern von Nord
amerita angesiedelt; aber viele haben sich auch bei der harten und schweren
Arbeit, die sie hier verrichten mußten, bei den vielen Entbehrungen, die ihrer
warteten, mit heißen Thränen nach dem Vaterlande zurückgesehnt, das sie oft
leichtsinnig verlassen hatten. — Übrigens ist das Leben und der Verkehr der
Menschen in den Vereinigten Staaten ähnlich wie bei uns.
Westlich von den amerikanischen Freistaaten dehnen sich vom Meerbusen
von Mexiko an bis hoch hinauf nach Norden unabsehbare Grasebenen,
welche Prairien*) heißen. Dorthin sind die Indianer fast ganz verdrängt;
sie leben von der Jagd der Büffel, die hier in ungeheuren Heerden sich finden.
Denn hier kann man keinen nährenden Baum, keinen Getreidebau haben, kein
Hausthier ziehen. Wenn das hohe Gras der Steppe bisweilen in Brand gc-
räth und furchtbare Rauchwolken die Büffel aufschrecken, dann stiehen sie zu
Tausenden in wilder Flucht dahin, und meilenweit hört man das Drohnen
und Sausen. Der Büffel hat eine zottige Mähne um Hals und Brust und
einen Buckel auf de Rücken. Er ist ein starkes, zorniges Thier und spießt
manchen Indianer, wenn er ihn mit Lanze, Pfeil und Bogen zu Pferde an-
greift, mit seinen Hörnern auf. —
17. Die Banmwollenmanufaktur.
Die Baumwollenstaude wächst in West- und Ostindien, in Ägypten
und Südamerika. Habt ihr das Wollgras auf den Wiesen je gesehen, des-
sen Same in weißer Wolle eingehüllt ist? ©ebenst ihr des rothen Weidenrös-
chens in deutschen Gebirgswaldungen, deren Samenschoten, wenn sie aufspringen,
mit einer Menge wollenartigcn Gewebes jeden Nahenden bedecken? Ganz ähn-
lich, nur in größerer Masse, quillt aus den Samenkapseln der Baumwollenstaude,
die etwa die Größe einer welschen Nuß haben, die schneeweiße Baumwolle her-
vor, welche nur von Hülsen und Samenkörnern gereinigt zu werden braucht
und dann sogleich verarbeitet werden kann. In diesem Zustande wird sie zur
See nach England, Deutschland tc. eingeführt. Im Jahre 1781 betrug die
Einfuhr in England an roher Baumwolle nur 5 Millionen Pfund; 50 Jahre
später war sie schon auf 300 Millionen Pfund gestiegen und beträgt jetzt über
700 Millionen Pfund oder 2 Millionen Ballen. In deut einen Jahre 1838
*1 Prairien oder Savannen heißen in Nordamerika die Ebenen, welche mit hohem
Gras bewachsen, auch hin und wieder mit Baumgruppen besetzt sind. Die größten Sa-
vannen finden sich im Mississippigebiete (48—50,000 Quadratmeilen). In Südamerika werden
diese Ebenen Llanos und Pampas genannt.