1869 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert, Bender, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Schnee und anderen Niederschlägen wieder nieder, wodurch das
fließende Wasser auf dem Lande gebildet wird, welches dann wieder
dem Meere zuströmt. Gleichwie also das Blut im menschlichen Körper
vom Herzen ausgeht in alle Theile des Leibes, sie ernährt, und aus
denselben wiederum zurückkehrt zum Herzen, also geht das Wasser vom
Meere aus, befruchtet das Land und kehrt wieder in das Meer zu-
rück. Hätte also das Wasser die Eigenschaft nicht, durch zunehmende
Wärme in leichten Dampf sich zu verwandeln und bei abnehmender
Wärme wieder tropfbarflüssig zu werden, so würde es weder Thau,
Regen noch Schnee geben, und alles Land würde eine unfruchtbare,
dürre, öde Wüste sein.
Das Meerwasser unterscheidet sich von dem Wasser auf dem
Lande oder dem sogenannten Süßwasser vorzüglich dadurch, daß es
viele salzige Theile in sich aufgelöst enthält. Es hat einen ekelhaften,
bittern, Brechen erregenden Geschmack und ist darum nicht trinkbar,
weshalb die Seefahrer genöthigt sind, Wasser vom Lande mit sich zu
führen. Bei der Verdunstung bleiben die salzigen und andern Theile,
welche das Meerwasser enthält, zurück.
Der Boden des Meeres oder der Meeresgrund bietet im
Allgemeinen dieselben Verschiedenheiten dar, welche wir auf dem trocke-
nen Lande wahrnehmen. Es giebt da Berge, Hügel, Thäler und
Ebenen, wie auf dem Festlande; daher die ungleiche Tiefe des Meeres,
die Klippen, Riffe und Sandbänke, welche den Schiffern oft so
gefährlich werden. Ja es ist der Meeresboden eigentlich nichts anderes,
als eine Fortsetzung des Festlandes unter dem Wasser hindurch. Auch
zieren den Meeresgrund ganze Waldungen von herrlichen Gewächsen
aller Art, in denen tausenderlei Thiere leben, und die an minder
tiefen Stellen das Auge des darüber Hinsegelnden mit den schönsten
Farben ergötzen.
Die Farbe des Meeres ist im Allgemeinen blau oder grünlich
blau; indessen wechselt dieselbe an verschiedenen Stellen nicht minder,
wie die Farbe des Himmels. Ebenso ist auch die Durchsichtigkeit
des Meerwassers nicht überall gleich. Besonders klar soll das Meer
in der Nähe der westindischen Inseln sein, so daß die Schiffe dort wie
in der Luft zu hangen scheinen, und daß man bei mehr als sechzig
Fuß Tiefe auf dem reinen sandigen Boden tausenderlei Gewürme und
vielartige Fische von den schönsten Farben sich bewegen sieht.
Nicht minder als Farbe und Durchsichtigkeit ist auch die Tempe-
ratur oder der W ärme z u ft an d des Meerwassers nach der Lage der
einzelnen Meere und nach der verschiedenen Tiefe derselben bedeutend
verschieden. Die Meere, welche um die beiden Pole der Erde liegen,
sind den größten Theil des Jahres über ganz zugefroren, und auch im
höchsten Sommer schwimmen auf ihnen Eisstücke umher, die sich hin
und wieder zu mächtigen Eisbergen aufthürmen.
Eine unbeschreiblich schöne Erscheinung bietet das Leuchten des
Meeres bei Nacht dar. So weit das Auge reicht, scheint oft das