1852 -
Werl
: Stein
- Autor: ,
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Die Kriegsunruhen gingen vorüber. Der junge Mann
kehrte mit ehrenwerthen Narben zurück, und eilte mit fri-
schen Hoffnungen zu dem Wirthe, um seine Gulden zu-
rückzunehmen. Der Wirth empfing ihn mit nachbarlicher
Freundlichkeit, und holte sogar eme Flasche Wein herbei,
um, wie er sagte, auf die glückliche Wiederkehr mit »hm
anzustoßen. Als aber der junge Mann im Verlaufe ver-
traulicher Gespräche auch von seinen frühern Plänen
anfing, die er nun mit dem wohlverwahrten Gelde aus-
zuführen gedenke, da fragte der Wirth mit erheucheltem
freundlichem Staunen: „So? Ihr habt noch eine Summe
Geldes in Vorrath? Da wünsche ich euch von Herzen Glück!
Denn glaubt mir, jetzt nach dem Kriege läßt sich schon mit
wenigem Gelde Vieles anfangen."
Der junge Mann konnte kaum zu Worte kommen; so
groß war sein Verstutzen bei solchen unerwarteten Aeuße-
rungen des Wirthes. Er unterdrückte aber den glühenden
Eifer seines gerechten Zornes und sagte gelassen: „Ihr
erinnert euch doch, daß ich vor meiner Abreise euch all
mein Geld in Verwahr gegeben und die nöthigen Aufträge
darüber gegeben habe?" — „Das habt ihr wohl irgendwo
auf einem Schlachtfelde geträumt," versetzte mit kaltem
Lächeln der Wirth. „Doch ihr treibt wohl nur Spaß;
denn das begreift ihr ja doch, daß ich vor dem Ausbruche
eines Krieges, worin man selber kaum seines Eigenthums
sicher ist, nicht noch fremde Schätze in Verwahr genom-
men haben würde." — „Um Gottes willen," rief der Be-
troffene, „ihr werdet euch doch keines Meineides schuldig
machen wollen! Bedenket, daß Ihr mir die treue Verwah-
rung und Erstattung des Geldes mit einem eidlichen Ehren-
worte versprochen habt." — „Haltet euch bei Sinnen, mein
Freund!" entgegnete der Wirth; „oder meine Knechte
werden sie euch auf eine handgreifliche Weise wieder zu-
führen. Die Sache ist abgemacht! Zeiget mir die nöthigen
Papiere über eure närrische Forderung, so habe ich Geld
für die Entrichtung. Da ihr das nicht könnt, so gehet
zum Richter und verklaget mich! Bemerket euch aber,
daß der Eid auf meiner Seite ist, und den habe ich euch
schon hiermit geschworen." — „Gerechter Gott!" rief
der erschreckte Redliche, „ich danke dir, daß ich zu arm
bin, um Prozesse zu führen; wer weiß, ob ich nicht jetzt