Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Ein Lese- und Lehrbuch für obere Klassen der Volksschulen - S. 66

1852 - Werl : Stein
66 Die Kriegsunruhen gingen vorüber. Der junge Mann kehrte mit ehrenwerthen Narben zurück, und eilte mit fri- schen Hoffnungen zu dem Wirthe, um seine Gulden zu- rückzunehmen. Der Wirth empfing ihn mit nachbarlicher Freundlichkeit, und holte sogar eme Flasche Wein herbei, um, wie er sagte, auf die glückliche Wiederkehr mit »hm anzustoßen. Als aber der junge Mann im Verlaufe ver- traulicher Gespräche auch von seinen frühern Plänen anfing, die er nun mit dem wohlverwahrten Gelde aus- zuführen gedenke, da fragte der Wirth mit erheucheltem freundlichem Staunen: „So? Ihr habt noch eine Summe Geldes in Vorrath? Da wünsche ich euch von Herzen Glück! Denn glaubt mir, jetzt nach dem Kriege läßt sich schon mit wenigem Gelde Vieles anfangen." Der junge Mann konnte kaum zu Worte kommen; so groß war sein Verstutzen bei solchen unerwarteten Aeuße- rungen des Wirthes. Er unterdrückte aber den glühenden Eifer seines gerechten Zornes und sagte gelassen: „Ihr erinnert euch doch, daß ich vor meiner Abreise euch all mein Geld in Verwahr gegeben und die nöthigen Aufträge darüber gegeben habe?" — „Das habt ihr wohl irgendwo auf einem Schlachtfelde geträumt," versetzte mit kaltem Lächeln der Wirth. „Doch ihr treibt wohl nur Spaß; denn das begreift ihr ja doch, daß ich vor dem Ausbruche eines Krieges, worin man selber kaum seines Eigenthums sicher ist, nicht noch fremde Schätze in Verwahr genom- men haben würde." — „Um Gottes willen," rief der Be- troffene, „ihr werdet euch doch keines Meineides schuldig machen wollen! Bedenket, daß Ihr mir die treue Verwah- rung und Erstattung des Geldes mit einem eidlichen Ehren- worte versprochen habt." — „Haltet euch bei Sinnen, mein Freund!" entgegnete der Wirth; „oder meine Knechte werden sie euch auf eine handgreifliche Weise wieder zu- führen. Die Sache ist abgemacht! Zeiget mir die nöthigen Papiere über eure närrische Forderung, so habe ich Geld für die Entrichtung. Da ihr das nicht könnt, so gehet zum Richter und verklaget mich! Bemerket euch aber, daß der Eid auf meiner Seite ist, und den habe ich euch schon hiermit geschworen." — „Gerechter Gott!" rief der erschreckte Redliche, „ich danke dir, daß ich zu arm bin, um Prozesse zu führen; wer weiß, ob ich nicht jetzt
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer