Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Ein Lese- und Lehrbuch für obere Klassen der Volksschulen - S. 105

1852 - Werl : Stein
Sündeü und Krankheit, einen verheerten Körper, eine verödete Seele, die Brust voll Gift und ein Alter voll Reue. Seine schönen Jugendtage gingen vor seiner Seele vorüber. Besonders gedachte er in schmerzlicher Erinnerung jenes Morgens, an dem er das elterliche Hans hoffnungs- voll verlassen hatte, um sich für seinen künftigen Beruf Kenntnisse zu sammeln. An diesem Tage hatte ihn der Vater vor allem mit seiner Bestimmung und den vielen Gefahren des Lebens bekannt gemacht, hatte ihm gezeigt den Weg der Tugend, der unter Mühen und Beschwerden zum Glücke, ins Land des Friedens und der Engel sührt; aber auch den Weg des Lasters, der durch trügerische Lockungen und Reize ins Verderben, in den Abgrund voll Qual und Elend stürzt. Den verführerischen Weg des Ver- derbens war er gewandelt, hatte seine Seele, dies Eben- bild seines Gottes entweihet und befleckt durch allerlei schänd- lichelaster, indem er sich seinen bösenund zügellosen Begierden überlassen und dadurch immer tiefer in den Abgrund unab- sehbaren Unglücks gerathen war. Alle die verübten Greuel und Ausschweifungen fehrten nun wieder vor seine hoff- nungslose Seele; wie zischende Schlangen nagten sie an seiner Brust, wie Gifttropfen hingen sie an seiner Zunge; er litt die schmerzlichsten Qualen. Mit unaussprechlichem Grame rief er zum Himmel hin- auf: Gib mir meine Jugend wieder! O Vater! stelle mich wieder auf den Scheideweg, damit ich anders wähle! Aber sein Vater und seine Jugend waren längst dahin. Er sah Irrlichter auf Sümpfen tanzen und auf dem Got- tesacker erlöschen, und er sagte: Es sind meine thörichten Tage. — Er sah einen Stern aus dem Himmel fliehen und im Falle schimmern und auf der Erde zerrinnen: Das bin ich, sagte sein blutendes Herz, und die Schlangenzähne der Reue gruben tiefer ein in seine Wunden. Tie Einbildungskraft zeigte ihm schleichende Nachtwand- ler auf den Dächern, und eine Windmühle hob ihre Arme drohend zum Zerschlagen auf, und im leeren Todtenhause nahm eine zurückgebliebene Larve allmählig seine Züge an. Mitten in seine Angst floß plötzlich die Musik für das Neujahr vom Thurme hernieder wie ferner Kirchengesang. Er wurde sanfter bewegt, er schauete nach dem Himmel 5**
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer