1862 -
Regensburg
: Pustet
- Autor: Schätz, Joseph
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bürgerssöhne die Söhne der Adeligen weit übertrafen. Jene
redete er nun zu ihrer Aufmunterung und Belohnung also an:
„Wohlan, liebe Jünglinge, die ihr meinen Schulgesetzen
gefolgt seid, fahrt fort, die ihr angefangen, das Lob und den
Lohn des Fleißes zu erwerben. Euch will ich Brod verschaffen
und vor Andern lieb und werth halten. Aus euch will ich vor-
nehme und reiche Leute machen."
„Ihr andern Zärtlinge aber," sprach er zu den faulen
Knaben, „die ihr mit gezierten Haaren einherziehet, euch auf
eurer Eltern Reichthum, Stand und Ehre verlasset, dem Müssig-
gange nachhänget und meinen Befehlen nicht Gehorsam und
Achtung erweiset, wißt, ich will euch nicht so werth halten, daß
ich mich eurer annehmen sollte. Weil ihr das Lernen vernach-
lässigt und durch gute Lehren euern Verstand nicht zur Weisheit
und Tugend unterrichten lassen wollet, so sollen die armen Kin-
der euch in allen Ehren vorgezogen werden."
12. Ludwig der Fromme und seine Nachkommen.
Als Karl das Ende seines Lebens nahe fühlte, berief er
eine feierliche Versammlung der Großen des Reiches nach Aachen.
Da, nachdem er in der Kirche sein Gebet verrichtet hatte, er-
mahnte er seinen Sohn Ludwig: Gott zu fürchten, sein
Volk zu lieben wie seine Kinder, den Armen Trost
zu verschaffen, Recht und Gerechtigkeit zu üben und
selbst vor Gott und den Menschen unsträflich zu
wandeln. Unter Thränen versprach Ludwig alles dieses zu
halten und Karl hieß ihn sich selbst die Krone aufsetzen und sei-
nes Gelübdes stets zu gedenken.
Der große Kaiser starb den 28. Januar 814 im 72.
Jahre seines Lebens mit den Worten: „Herr, in deine
Hände empfehle ich meinen Geist." Er wurde in der
Marienkirche zu Aachen begraben, auf einem goldenen Sessel
sitzend, das Haupt mit einer Krone geschmückt, mit einem Schwert
umgürtet, das Evangelienbuch auf dem Schooße und eine Pilger-
tasche an der Seite hängend. So ward der glorreiche Kaiser
in die Gruft gesenkt; aber er lebte fort in der Liebe und Ver-
ehrung des deutschen Volkes, dessen Regenten in ihm fortan
ein Vorbild erblicken mögen, dem sie zum Wohl ihrer Völker
nachahmen sollen.
Ludwig war gutmüthig und hatte den besten Willen,
sein Volk glücklich zu machen. Er verdiente den Beinamen des
Frommen, aber jene Eigenschaften, wodurch ein so großes