1867 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Greef, Wilhelm, Haesters, Albert
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Nieckchen: Wo ist denn das Bettchen?
Mutter: Der Schnee ist das Bettchen, und er erwärmt die Saat.
Rieckchen: Der Schnee ist ja Eis; wie kann denn der Schnee
Bettchen sein?
Mutter: Sind doch die Flocken so weich wie Federn, und
sie schmiegen sich an die Pflanzen und beschützen sie vor dem kalten
Winde. Kalt ist wohl der Schnee; aber noch kälter, noch viel kälter
ist der Wind jetzt.
Rieckchen konnte bald darauf gar nicht mehr in den Garten gehen;
denn es war strenger Winter. Sie blieb in der warmen Stube,
sah aber oft durchs Fenster in den Garten. Dort hatte der liebe
Gott noch lange sein? Decke ausgebreitet, und die Pflänzchen
blieben unter dem warmen Bettchen am Leben. Endlich schmolz der
Schnee, und das Gartenstück stand noch in frischerm Grün, als vorher.
Es kam der Frühling. Und immer dichter wurde das Grün, so
daß man vor den breiten Blättern keine Erde mehr sehen konnte.
Endlich schossen zarte Stengel empor, und auf einmal sah das ganze
Feldchen goldgelb aus.
Da bat Rieckchen: „Mütterchen, laß uns in den Garten gehen! Die
Körnchen sind nicht mehr braun, sie sehen auch nicht mehr grün aus, und
die weiße Decke ist lange schon weg. Alles glänzt von lauter Golde."
Und die Mutter ging mit ihr in den Garten.
Rieckchen: Was riecht so angenehm?
Mutter: Das Gold hier riecht so angenehm. Der liebe Gott
hat das Land mit Regen besprengt und die Sonne darauf scheinen
lassen. Darum duften die goldenen Blüthen wie wohlriechendes Master.
Viele Tage blühte die Saat mit ihrem goldenen Schimmer, und
erfüllte mit starkem und doch angenehmem G er uch den ganzen Garten.
Endlich verwelkte das Gold, und es wuchsen kleine Hülsen. In den
Hülsen waren Körner. Die Körner und Hülsen sahen grün aus. Zuletzt
wurden die Hülsen blaß und gelblich, fast wie das Stroh aussieht,
und die Körnchen wurden braun. Diese sammelte die Mutter; aber es
waren ihrer vielmal mehr, als vorher. Sie bewahrte sie auf, nicht mehr
in einer Düte, sondern in einem großen Sacke, der ganz voll wurde.
Mutter: Ist das nun nicht Alles eingetroffen, was ich dir im
vorigen Jahre gesagt habe? — Welche Farben hast du auf dem
Gartenstücke gesehen? — Wie sahen die Körnchen aus?
Rieckchen: Sie sahen braun aus.
Mutter: Und wie die Pflänzchen und Stengel?
Nieckchen: Grün.
Mutter: Und wie das wärmende Bettchen?
Rieckchen: Weiß.
Mutter: Und wie die Blüthe?
Nieckchen: Gelb, wie das Gold.
Mutter: Und wie die Hülsen und Körnchen im Anfang?
Rieckchen: Grün, wie die Erbsenschoten und die unreifen Äpfel.
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