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1. Lesebuch für hannoversche Volksschulen - S. 30

1862 - Hannover : Meyer
30 der Gicht in einem Dachstüblein und hatte niemand als eine alte Ausläuferin, die sich des Tages zwei- oder dreimal nach ihm um- schaute. Und als er zuletzt auch von seinem alten Rittermantel die goldenen Spangen, Haken und Schnüre verkaufen mußte, gerieth er in schwere Sorgen. An demselben Tage noch kam ein unbekannter Mann an sein Bett, der wie ein Diener eines großen Herrn aussah, und stumm schien, weil er weder mit einem Worte grüßte, noch aus eine Frage Antwort gab, sondern jedesmal seinen Finger fest auf die Lippen drückte, womit er andeuten wollte, daß ihm sein Mund verschlossen sei. Der hatte ein schneeweißes Damasttuch an den vier Zipfeln in der Hand und in dem Tuche eine silberne Schüssel, die er mit der Speise darin auf das Tischlein neben dem Bette stellte, worauf er wieder ging, ohne zu sagen, woher oder wohin. Der Edelmann verwunderte sich sehr, noch mehr aber, als der Mann auch am folgenden Tage und ferner die ganze Woche und endlich die etlichen Jahre wieder kam, die der Edelmann noch lebte, und einen Mittag wie den andern eine volle Schüssel brachte und die leere dagegen holte. Und ist nicht auszusprechen, welch herzliches Verlan- gen der Edelmann hatte, seinen unbekannten Wohlthäter kennen zu lernen imd ihm zu danken, so daß er endlich zu dem Diener sprach: Sagt euerm Herrn, daß mein Ende nahe ist, daß ich aber nicht ruhig sterben kann, ich habe denn zuvor meinem Wohlthäter die Hand ge- drückt und mich bedankt. Da nickte der alte Diener beifällig mit dem Kopfe, und noch denselben Abend erschien der Erzherzog Albrecht an dem Bette des Edelmanns , der die Hand seines Wohlthäters mit Dankesthränen benetzte und etliche Stunden darauf fröhlich von hinnen schied. Uns Menschenkindern aber ist der Wohlthäter nicht unbekannt, der uns so viele Jahre her aus seiner Küche eine Schüssel um die andre zugeschickt, vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben und unsre Herzen erfüllet hat mit Speise und Freude. Und doch ist es manch einem zu viel, zu einem Tischgebet seinen Kopfdeckel zu rücken. 49. Was uns der Herbst predigt. Was ist doch das Laub der Bäume auf unserm Kirchhofe in den letzten Wochen gelb geworden! Wie viele Blätter liegen schon unten und werden vertreten! Und wie es auf unserm Friedhofe ist, so ist es rings um uns her. — Einem Kranken fährt oft in feinen letzten Tagen noch einmal eine Nöthe auf die Wangen; ein Licht flackert noch einmal auf; dann geht es aber mit beiden um so schneller zu Ende. So stellt sich "auch das Laub am Baume noch einmal im schönsten Schmucke dar; aber die schönen Farben sind schon im Sterben. Der Tod lauert dahinter. In kurzem ist alles Staub und Verwesung. Was will uns der Herr damit sagen? „Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras; er blühet, wie eine Blume aus dem Felde. Wenn der Wind darüber gehet, so ist sie nimmer da, und ihre Stätte kennet sie nicht mehr." Verstehst du diese
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