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1. Lesebuch für hannoversche Volksschulen - S. 32

1862 - Hannover : Meyer
32 rn Gottes Namen mit den andern allen, die nicht daheim bleiben können; vielleicht daß mir der Herr den Gang für mich und andere segnet." Und er bot der treuen Lebensgefährtin die Hand und ging. Der Weg nach der Krönungsstadt wimmelte von Fußgängern und Reitern; die Fremden eilten vorüber und beachteten den einzelnen nicht, die Bekannten aber riefen ihm Grüße zu, sprachen auch wohl ein Wort mit ihm, und allen gab er freundlich Bescheid, und trug sie in feinem Herzen; denn das Herz des alten Holznrann war ein gar weites und reiches, und hatte gar mancher ein Plätzchen darinnen und einen Betaltar. Auch heute gedachte er seiner Freunde, die an ihm vorübereilten, gar herzlich; wie sie ihn geliebt, wie sie ihm wohlgethan zu vielen Malen, dessen freute er sich vor dem Herrn und war gar fröhlich in seinem Herzen. Auch des Kaisers, der heute gewählt werden sollte, gedachte er vor dem Herrn, und bat für ihn uni ein weises und from- mes Herz, auf daß alle seine Unterthanen ein ruhiges und stilles Leben führen inöchten in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit. Indem kommt ein Hündchen auf ihn zugelaufen, und er hat sein nicht acht, denkt bei sich, da es den Schwanz herabhängt, es habe seinen Herrn verloren. Auch als das Hündchen an ihni hinaufspringt, kümmert es ihn nicht; er wehrt das Thier mit der Hand von sich und will weiter gehen. Jetzt fühlt er aber einen tiefen Biß in seinem Beine und noch einen zweiten, und sieht sein Blut durch die Strümpfe in die Schuhe fließen; und ein genauerer Blick auf den Hund überzeugt ihn sogleich, daß der Hund toll sei. „Barmherziger Gott!" ruft er, „erbarme dich meiner, und führe es zum guten Ende. Dir sei Leib und Seele befohlen!" Und mit schnellen Schritten eilt er dem Hunde nach, ereilt ihn, wie er eben an einer Frau, die des Weges kommt, hinaufspringt, und schlägt ihn mit seinem Rohrstock nieder. Aber was nun beginnen? Nach Hause zu den Seinen zog ihn sein Verlangen; aber die Stadt lag näher, dort verspricht er sich schnellere Hülfe. Er eilt zu einem Arzte, der ist nicht zu Hause; zu einem zweiten, auch der ist abwesend. Er klopft an alle Thüren, wo Bader wohnen, endlich an alle Barbierstuben: niemand hört ihn an, niemand will ihm helfen; die Kaiserwahl und die Augenlust liegt heute allen näher am Herzen, als ein Menschenleben. Indem er nach dem Arzte sucht, stößt ihn die wogende Menge dahin und dorthin. Er hört die Glocken von allen Türmen läuten, sie klingen ihm wie Grabgeläute; er sieht den Zug mit dem ge- wählten Kaiser aus dem Dome nach dem Römerberge ziehen, trotz der bunten Kleider kommt ihm der Zug wie sein eigener Leichenzug vor. Jetzt, als der Kaiser sich auf dem Balkon des Römers dem Volke zeigt, als das Volk sich um die ausgeworfenen Krönungs- münzen, um den gebratenen Ochsen und um den Haferberg tummelt und schlägt, da erfaßt seine Hand endlich den ersehnten Arzt, und er bittet und beschwört ihn, ihm zu helfen. Aber der Arzt vergißt seiner Pflicht; er tröstet ihn damit, der Hund sei wahrscheinlich gar
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