1862 -
Hannover
: Meyer
- Autor: Flügge, Heinrich Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Hannover
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Meinst du, es sei nicht ein strenges Leben, dies alles recht zu leiden
und durch Glauben, Anrufung Gottes und Geduld zu ertragen?" Da
ging Antonius von ihm und merkte, daß ihn Gott dadurch ermahnt
habe, daß er hinfort nicht mehr seinen Mönchsstand anderer Leute
Leben vorziehen solle, und nicht meinen, daß er vor Gott wohlgefälliger
sei, als sie mit ihrem Thun.
128. Es ist noch Raum da.
Äs geschah am andern Sonntag nach Trinitatis, da man pre-
digt vom großen Abendmahl, daß zu Schwabach zwei Landsknechte
sitzen und hören der Predigt zu. Als sie nun vernehmen, wie die
Armen und Krüppel und Lahmen geladen worden und für die Bettler
auch noch Raum gewesen, wird dem einen sein Herz bewegt, und er
sagt zu seinem Gesellen: „Walt Gott, lieber Bruder mein, wenn wir
zu Felde müssen und der Tod die Trommel dazu schlügt, daß wir als-
dann auch zur Tafel Christi und seiner Heiligen angenommen werden.
Wir sind auch von den Landstraßen und Zäunen her, erbarms Gott!
und rechte Bettler!" und deutete damit auf das elende Leben, das die
Landsknechte führen mußten, wenn kein Krieg war, und sie nicht stehlen
wollten.
Als sie nun aus der Kirche gehen, hören sie großes Geschrei
und die Trommel schlagen durch die Gassen. Die Feinde waren un-
versehens herangerückt und wollten das Städtlein überfallen. Da
muß der arme Landsknecht auch mit, setzt seinen Helm auf, nimmt
seinen Spieß und zieht mit seinem Fähnlein der Trommel nach, wird
aber alsbald tödtlich verwundet. Als nun die Feinde geschlagen sind,
will sein Kamerad nach ihm sehen. Da sitzt er an einem Baume, lebt
noch und hat die Augen gen Himmel gerichtet. Da aber der andere
ihn fragt, wie es steht, sagt er: „Bruder, es ist noch Raum da!" und
ist damit selig entschlafen.
129. Tod und Auferstehung.
Wir müssen hinfort eine neue Lehre lernen vom Tode und
Grabe: wenn wir sterben, daß es nicht todt oder gestorben heißt,
sondem auf den zukünftigen Sommer ausgesäet, und der Kirchhof
nicht ein Kirchhof, sondern ein Gottesacker voll lebendiger Körnlein,
die da heißen Gottes Körnlein, die sollen wieder hervorgrünen und
wachsen, schöner, denn ein Mensch begreifen kann. Denn Gott ist
ein solcher Ackermann, und du bist sein Körnlein, das er in die
Erde wirft. Er ist aber viel ein besserer und größerer Ackermann,
denn ein Bauer auf dem Felde, und hat viel köstlicheren und
reicheren Samen. Das sind wir Menschen, so viel unser auf Erden
kommen, von Adam an bis an den jüngsten Tag; dieselben streut
er um sich in die Erde, wie er sie ergreift, Weib, Mann, groß, klein,
jung, alt, reich und arm. Denn es ist ihm einer, wie der andere,
und die ganze Welt nicht anders, denn wie dem Landmann das
Tuch voll Samen. Darum wenn er die Leute sterben läßt, das
heißt er in das Tuch gegriffen und eine Handvoll um sich gestreut.