1862 -
Hannover
: Meyer
- Autor: Flügge, Heinrich Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Hannover
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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sch eh en solle. Daz wollte der Rath nicht bewilligen; so brach Wie-
demm Zwietracht aus. Abermals kam der Herzog heran, um Eini-
gung herzustellen; aber seine Bemühung blieb vergebens. In groß-
ßer Entrüstung ritt er von dannen. Da verließ der Magistrat die
Stadt; die Mönche und die römisch-katholischen Geistlichen folgten
ihm und zogen nach Hildesheim. Nun richtete der Generalsuperin-
tendet Urban Regius aus Celle in Hannover eine gute evangelische
Ordnung ein, nach welcher künftig das Wort Gottes gelehrt und die
heiligen Sacramente verwaltet werden sollten. Im Jahre 1534 ver-
söhnte sich Herzog Erich auf Zureden seiner frommen evangelischen
Gemahlin Elisabeth wieder mit der Stadt.
Der dreißigjährige Krieg brachte auch über Hannover viel Elend,
obgleich die Stadt durch ihre Festungswerke gegen Verwüstung ge-
schützt war. Die Dörfer umher wurden von den Feinden geplündert
und verbrannt und alle Gartenhäuser vor der Stadt niedergerissen.
Da flüchteten viele Leute aus der Umgegend in die Stadt, um den
Drangsalen des Krieges zu entgehen. Nun nahmen in derselben
Theuerung, Hunger und Seuchen überhand; kaum der dritte Theil der
Einwohner blieb am Leben.
Seck 1640 wurde Hannover fürstliche Residenz; Herzog Georg
von Kalenberg und Güttingen war der erste Fürst, welcher hier seinen
Sitz nahm. Seitdem blühre sie schnell auf, und auch als Kurfürst
Georg I. 1714 nach England zog, um den dortigen Königsthron zu
besteigen, verminderte sich der Wohlstand der Stadt nicht.- Ungleich
schneller aber, als in allen früheren Zeiten, wuchs sie an, seit
1837 die Verbindung unsers Vaterlandes mit England aufhörte
und nun König Ernst August seinen Sitz in Hannover nahm.
Unter dessen Regierung und unter der unsers lieben Königs Georg V.,
der seinem Vater 1851 folgte, ist sie so emporgeblüht, daß sie sich
anderen großen und schönen Königsstädten an die Seite stellen
kann. Um den Bahnhof herum ist em ganz neuer, großer Stadttheil
entstanden, der von Jahr zu Jahr mehr anwächst. Auch im Innern
ist und wird viel gebaut; die krummen Gassen regeln und erweitern
sich; überall hat sie ein bequemes Pflaster, und manches prachtvolle
Gebäude erhebt sich. Seit 1824 hat sie eine Gasbeleuchtung; eine
vortreffliche Wasserleitung reinigt und erfrischt sämmtliche Straßen
durch fließendes Wasser. Ihre Einwohnerzahl beläuft sich mit Ein-
schluß der Vorstädte auf 60000; sie hat sich in den letzten 20 Jahren
fast verdoppelt.
2. Die Stadt gewährt einen prachtvollen Anblick, wenn man
von Süden her auf der Heerstraße, welche über den Deister führt,
sich ihr bis auf eine Entfernung von anderthalb Stunden genähert
hat. Da sieht man die große Zahl von meist hohen und schönen
Häusern eins an das andere gereiht sich in der Ebene ausdehnen.
Vier Kirchtürme ragen aus der Häusermenge empor. Am meisten
von ihnen fällt der 306 Fuß hohe Marktturm ins Auge mit seiner
großen Kirche (ehemals Jakobi- und Georgiikirche genannt), dre vor
etlichen Jahren innen erneuert ist; östlich von ihr erblickt man den