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1. Lesebuch für hannoversche Volksschulen - S. 122

1862 - Hannover : Meyer
122 von einer Pest heimgesucht; da starben in Göttingen, wie auch in den Städten Nordheim und Braunschweig, in wenigen Monaten ein Drittel der Einwohner. In dieser Zeit suchte man noch bei den Heiligen Hülfe. So zogen dazumal die von Einbeck, wohl 300 Mann stark, gen Pöhlde, holten von dort das Heiligthum St. Fabian und Sebastian nach ihrer Stadt und brachten es dann wieder zurück. 3. Durch die Reformation wurde das anders. Schon im Jahr 1523 fing die lutherische Lehre an, im Fürftenthum Göttingen bekannt zu werden. Wenn auch noch der Predigt des Evangeliums gewehrt wurde, so wußten die Bürger sich dagegen Luthers Lieder und seine Übersetzung des Psalters zu verschaffen, und kürzten sich in ihren Werkstätten die Zeit durch das Singen der Lieder Luthers, und das thaten namentlich die Wollenweber. In den Dörfern Grone und Rosdorf lehrten schon evangelische Prediger, und die Bürger von Göttingen schlichen sich verstohlen hinaus zu deren Predigten, trotz der Strafe, die ihnen gedroht war. Da kam 1529 aus dem Lüneburgischen Friedrich Hübenthal, ein feiner Prediger in grobem Rock, und hielt auf dem Kirchhofe von St. Georg die erste evange- lische Predigt. Seine Anhänger schickten etliche Männer zu Simon Gieseler, einem vornehmen Manne, der in der ganzen Stadt hoch angesehen war, und ließen ihn um Rath fragen, ob sie den Prediger behalten sollten. Er lag gerade schwer krank. Lange schwieg er und bedachte sich tief; dann erhob er sein Haupt und sprach- „Was die Bürger jetzt vorhaben, werden sie vollbringen und mögen darum getrost fortfahren; ich aber will Leib und Leben daran setzen." Nun bestellten sie Hübenthal zu ihrem Prediger und baten den Rath, er möge ihnen eine Kirche zum Gottesdienste gewähren. Der Rath aber war unzufrieden, gab eine harte Antwort und sann auf Strafe. Da sammelten sich die evangelischen Bürger, wohl 300 an der Zahl, und besprachen sich, wie das Evangelium vor den Widersachern zu schirmen sein möchte. Die weisesten Bürger wurden zusammenge- rufen, um ihre Meinung zu sagen. Unter ihnen war auch Henning Hohof, ein verständiger Gotdschmid. Als zu diesem die Botschaft kam, sprach er zu seiner Hausfrau: „Was dünkt dich zu solcher Sache?" Sie erwiderte: „Thue es um Gottes willen; es wird doch und kann nicht anders sein." Worauf er sagte: „Ja, liebe Anna, wenn es aber dazu käme, daß ich einst vor diesem unserm Hause vorüber einen andern Weg zum Leineberge (der Richtstätte) gehen müßte, was wolltest du dann thun?" „Wohlan. Henning," ant- wortete sie, „es wäre doch besser, wir stürben um dieser Ursache wegen, denn Schande und Laster halben." Da sann Henning nicht länger und ging aufs Rathhaus. Mit Mühe erhielten die Männer Gehör beim Rath; ihrer Bitte, dem Evangelium freien Lauf zu lassen, ward keine Gewährung. Endlich aber sah sich der Rath dennoch nachzugeben genöthigt und bat mit der Gemeinde den Landgrafen Philipp von Hessen, ihnen feine, stille, fromme und gelehrte Prediger zu senden, und vom Palm-
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