1862 -
Hannover
: Meyer
- Autor: Flügge, Heinrich Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Hannover
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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anhören und den Bittenden Almosen reichen. Wenn Sorge oder des
Alters Schwäche den Schlaf von ihm scheuchte, saß er, oft die langen
Winternächte hindurch, am Kamin und ließ sich Sagen oder Erzählun-
gen der Geschichtsschreiber vorlesen.
Seit dcrn Ostertage 1195 nahmen seine Leibeskräfte rasch ab;
er wußte, daß sein Ende nahe, und sah ihm mit Ergebung entgegen.
Am Tage vor Jakobi zündete ein Wetterschlag das Dachgebälk'des
Domes. Als die Flamme an die Kammer des Sterbenden leckte,
blickte der lebensmüde Welfe fest nach oben. Nur eins wünschte
er noch: seinem geliebten Freunde, Bischof Isfried zu Natzeburg, zu
beichten und seinem Sohne Heinrich, dem Pfalzgrafen am Rhein, ins
Auge zu sehen; seine beiden andern Söhne, Otto und Wilhelm, waren
als Bürgen für ihren Oheim, König Richard von England, beim
Kaiser. Nach jenen beiden eilten Boten fort. Am 6. August, einem
Sonntage, verschied er unter Gebet in den Arnren Jsfrieds. Es war
während der vier letzten Tage des Todeskampses keine Klage über-
feine Lippen gekommen. Sein letztes Wolt blieb: Gott sei mir Sün-
der gnädig.
4. Sein Sohn Otto wurde später deutscher Kaiser. Otto starb
kinderlos, und da auch sein Bruder Heinrich keine Söhne hinterließ,
so wurde der Sohn ihres Bruders Wilhelm, Otto, der Erbe aller
welfischen Besitzungen und der Stammhalter des Welsenhauses. Weil
er beim Tode seines Vaters erst neun Jahr alt war, wurde er Otto
das Kind genannt. Seine Länder erhob Kaiser Friedrich Ii. zu
einem Herzogthum unter dem Namen Braunschweig-Lüneburg. Otto
hinterließ vier Söhne. Die beiden jüngsten wählten den geistlichen
Stand. Die beiden andern, Albrecht und Johann, regierten anfangs
gemeinschaftlich; aber im Jahre 1267 theilten sie die ererbten Länder
durch das Los. Herzog Johann erhielt die Länder Lünebura und
Celle und die Stadt Hannover, und Albrecht bekam die Länder
Braunschweig, Kalenberg, Göttingen, das Land vor dem Harze und
das Eichsfeld; mehrere Theile regierten sie gemeinschaftlich. So
entstanden die braunschweig-lüneburgische und die braunschweig-
- wolfenbüttelsche Linie. Sehr oft gingen nachher noch verschiedene
Theilungen vor. Die braunschweig-wolfenbüttelsche Linie starb 1634
aus. Da bekam der Enkel von Ernst dem Bekenner, August, Wol-
fenbüttel und ward Stifter des herzoglich braunschweigischen Hauses.
(Vergl. Nr. 57, 4.)
56. Die Reformation in Kalenberg und Göttingen.
1. Jur Zeit der Reformation tvar Herzog Erich der Ältere
Herr in Kalenberg und Göttingen. Er blieb sein Lebm lang der
römischen Kirche zugethan; aber er glaubte, daß auch seine lutheri-
schen Unterthanen vor Gott würden bestehen können, wenn sie dem
Evangelium in Treue dientest und von ehrbarer Zucht nicht ließen,
und darum blieb er bei seinem Vorsatze, ihnen keine Gewalt in
Sachen des Glaubens anzuthun. Auf dem Reichstage zu Worms