1862 -
Hannover
: Meyer
- Autor: Flügge, Heinrich Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Hannover
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
179
hatte Luthers Gottvertrauen und starkes, treues Won einen tiefen
Eindruck auf ihn gemacht. Erich sandte ihm einbecksches Bier in
silberner Kanne in seine Herberge. Verwundert fragte Luther, wel-
cher Fürst seiner also in Gnaden gedenke, und als er hörte, daß
ein Papistischer Herr, der selbst zuvor aus der Kanne getrunken, ihm
die Gabe zugeschickt habe, da trank auch er und sprach: „Wie heute
Herzog Erich meiner gedacht hat, also gedenke seiner der Herr Chri-
stus in seinem letzten Kampfe." Der Herzog gedachte in seinem
letzten Ständlein dieser Worte und begehrte von dem ihn bedienenden
Edelknaben Franz von Cramm, daß er ihn mit evangelischem Troste
erquicken möge. «
Seine Gemahlin war Elisabeth, Tochter des Kurfürsten Joa-
chim I. von Brandenburg. Sie war evangelisch geworden, und
Erich ließ seine herzliebe Ilse, wie er sie nannte, gewähren; denn
er wußte, daß sie um ihres Gewissens willen also that. Wo sie
die Reformation förderte, hinderte Erich sie nicht. So kam es, daß
die evangelische Lehre bald in den Fürftenthümern Eingang fand.
In Göttingen, Münden, Nordheim und andern Städten des Für-
stenthums waren schon ftüh evangelische Prediger; Hannover hatte
schon 1524 eine große Anzahl von Anhängern Luthers.
Elisabeth berief 1540 den Prediger Anton Cowinus nach Mün-
den; er sollte die Reformation sicher und ruhig zum Ziele führen.
Geschäftige Diener meldeten dem Herzog, daß Corvinus angekommen
sei. Er erwiderte: „Weil uns die Frau in unserm Glauben nicht
hindert, so wollen auch wir sie in ihrem Glauben ungehindert und
unbetrübt lassen."
2. Nach seinem Tode, der noch im Jahre 1540 erfolgte, führte
Elisabeth die vormundschaftliche Regierung für ihren zwölfjährigen
Sohn Erich den Jüngern und verfolgte nun mit desto größerer
Festigkeit ihr Ziel. Nachdem 1541 auf dem Landtage zu Pattensen
die Landftünde in die Einführung der Reformation gewilligt hatten,
arbeitete Corvinus auf Befehl Elisabeths eine Kirchenordnung aus
und unternahm dann mit andern Herren eine Kirchenvisitation. Die
Mißbräuche, welche sie vorfanden, stellten sie ab. Auch die Klöster
bekamen von der Fürstin eine neue Ordnung. „Mir ist glaubhaft
berichtet," schrieb sie ihnen, „daß ihr euch in das göttliche und
hochwürdige Wort des Herrn, welches wir seit zwei Jahren rein,
lauter und klar zu predigen befohlen, zu schicken wenig geneigt seid.
Nun ist es unser Amt als einer regierenden Fürstin, Gottes Wort
bei unsern Unterthanen überall zu fordern. Darum haben wir für
nöthig erachtet, weil eure Wohlfahrt und Seligkeit uns kümmert,
eine sonderliche Ordnung für euch stellen zu lassen, die ihr mit Treue
auslegen und beobachten wollet."
Sie selber besuchte die Klöster, um zu sehen, ob darin auch
nach der neuen Ordnung gelebt werde, während Corvinus allen
möglichen Fleiß anwandte, das liebe Wort in Schwung zu bringen,
daß es in Pfarrkirchen und Klöstern gehört und angenommen werden
möchte.