1862 -
Hannover
: Meyer
- Autor: Flügge, Heinrich Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Hannover
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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gefährlich; ja auch ohne daß er geneckt worden wäre, geräth er zu-
weilen in Wuth.
„ 17. Die Kokuspalme.
Äberall in der Südsee und in den indischen Gewässern, wo
die Kokuspalme vorkommt, begrüßt sie in mehr oder weniger großen
Massen schon in weiter Ferne die herannahenden Reisenden;
wie Wölkchen erscheinen ihnen über dem flachen Küstenlande die
Wipfel der Kokuspalme, die in der Luft zu schweben scheinen, weil
man den schlanken, dünnen Stamm, der eine Höhe von '50 bis 100
Fuß hat, aus der Ferne nicht sehen kann. In Ostindien liegen in
den ausgedehnten Kokuswaldungen ganze Ortschaften. Der Segen,
den^ Gottes Güte in diesen einzelnen Baum gelegt hat, ist sehr
groß. Der ganze Stamm ist blattlos und nackt; er zeigt nur die
Narben der abgefallenen Blätter; aber oben trägt er eine breite
Krone von ungefähr 12 Blättern, deren jedes 12 bis 14 Fuß lang
und 2 bis 3 Fuß breit ist und wie eine ungeheuer große Feder
aussieht; zwischen den schattigen Schirmblättern sitzen die Blüten,
hangen die großen Nüsse in Form einer Traube. Es hangen ihrer
oft bis 300 auf einem Baume, von denen etliche reif und hart,
andere halb reif sind, während die übrigen erst zu wachsen an-
fangen. Jede ist so groß wie ein Kopf und von eirunder Form;
sie umschließt die Kokusmilch, welche für die Eingebornen bei der
großen Hitze ein erquickender Labetrunk ist. Später verwandelt sich
der Saft in einen Kern der hart ist und mandelartig schmeckt; daraus
bereitet man das Kokusöl, das z. B. bei der Seifenbereitung ge-
braucht werd. Die Schale ist so hart, daß man sie aussägen muß;
von den wilden Völkerstämmen wird sie als Trinkgeschirr gebraucht.
Die Blätter verwendet man zum Dachdecken, wie bei uns das
Stroh, ferner als Sonnenschirme, zu Flechtwerk, zu Körben, ja sogar
als Papier zum Schreiben mit eisernen Griffeln. Das Laub ist das
Hauptfutter der zahmen Elefanten. Aus den Fasern der Rinde,
wie der äußern Nußschale, macht man Stricke und Tauwerk, beson-
ders Ankertaue, da sie dem Hanfe an Festigkeit und Dauer gleich,
aber weit dehnbarer (elastischer) sind; daher sie in den plötzlichen
Stürmen des indischen Meeres mehr nachgeben und weniger reißen.
Die hohlen Baumstämme dienen zu Wasserrinnen; aus den Wur-
zeln flicht man Körbe und Wannen; das Netzgewebe an jeder Blatt-
wurzel wird zu Kinderwiegen und Packleinwand verbraucht. Die
Stämme verwendet man sonst noch zu Balken, Latten und Masten.
— Um so vieler und großer Segnungen willen wird der Baum
sehr geschätzt; bei der Geburt eines Kindes in Ceylon wird ein
Kokus gepflanzt. So ist dieser Baum in der Pflanzenwelt für die
Küsten und Inseln der heißen Zone ein eben so lauter Zeuge der gött-
lichen Güte. wie das Kameel in der Thierwelt für die Wüsten und
Oasen Afrikas und Asiens.