1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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und in Gottes Wort gelesen hat, so ist der Nachmittag nicht entweiht,
wenn der Hausvater sich mit Frau und Kindern eine unschuldige
Freude gönnt im Hause oder durch einen Gang in's Freie. Geht er
aber allein in's Wirthshaus, so trägt er die Freude aus dem Hause fort.
130. Königliche Kinderzucht.
Der kleine Prinz von Wales, der älteste Sohn der mächtigen Kö-
nigin Viktoria von England (er ist am 9.Novbr. 1841 geboren), stand
eines Tages in einem Zimmer des königlichen Landsitzes am Fenster,
dessen Scheiben, wie dieses bei manchen solchen Gebäuden der Fall
ist, bis hinunter auf den Fuszboden reichen. Er sollte seine Lektion
auswendig lernen, schaute aber aus dem Fenster hinaus in den
Garten und spielte mit seinen Fingern an den Scheiben. Seine
Erzieherin bemerkte das und bat ihn freundlich, an das Lernen
seiner Aufgabe zu denken. Der kleine Prinz sagte: „Ich mag nicht.“
„Dann musz ich Sie,“ sagte das Fräulein, „in die Ecke stellen.“
„Ich will nicht lernen,“ antwortete ganz trotzig der Kleine, „und ich
musz nicht in der Ecke stehen ; denn ich bin der Prinz von Wales.“
Indem er dies spricht, stöszt er mit dem Fusze eine Fensterscheibe
aus. Das Fräulein klingelt; der Kammerdiener kommt; durch
diesen läszt sie dem Vater des Prinzen, dem Prinzen Albert, sagen,
sie bäte, dasz Seine Königliche Hoheit sich hierher bemühen möchten,
weil sie in dringenden Angelegenheiten seines Sohnes mit ihm zu
sprechen habe. Der treugesinnte Vater kommt sogleich und läszt
sich alles, was so eben vorgefallen war, erzählen. Er wendet sich
hierauf an seinen kleinen Sohn, und indem er auf einen kleinen
Schemel deutet, sagt er : „Setze dich jetzt einmal hierher und bleibe
da, bis ich wiederkomme.“ Darauf geht er in sein Zimmer und holt
sich dort eine Bibel. „Höre nun“, spricht er zu dem kleinen Prinzen,
„was der Apostel Paulus dir und andern Kindern deiner Art sagt.“
Darauf liest er Galater 4, 1. 2 : „Ich sage aber, so lange der Erbe
ein Kind ist, so ist zwischen ihm und einem Knechte kein Unter-
schied, obwohl er ein Herr ist aller Güter, sondern er ist unter den
Vormündern und Pflegern bis auf die bestimmte Zeit vom Vater.“
„Es ist wahr,“ fährt der Prinz Albert fort, „du bist der Prinz von
Wales, und wenn du dich gebührend aufführst, kannst du ein vor-
nehmer Mann, du kannst einmal nach dem Tode deiner Mutter, die
uns Gott noch lange erhalten möge, König von England werden.
Aber jetzt bist du noch ein kleiner Knabe, der seinen Vorgesetzten
und Pflegern gehorchen musz. Ueberdies musz ich dir noch ein
anderes Wort eindringlich machen, das der weise Salomo, Sprüch-
wörter 13, 24, sagt: „Wer seiner Ruthe schonet, der hasset seinen
Sohn; wer ihn aber lieb hat, der züchtigt ihn bald.“ Darauf zog
der Vater eine Ruthe hervor und züchtigte den künftigen Thronerben