1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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lichem Feuer. Wohin er kam, lief Alt und Jung zusammen, um den
wundersamen Mann zu sehen und um den Worten zu lauschen, die wie
ein Strom aus seinem Munde flössen. Er kam aus dem heiligen Lande.
Mit grellen Farben malte er die Noth, welche die christlichen Pilger dort
von den Ungläubigen zu ertragen hätten. Es sei der Christen Pflicht,
sprach er, in den heiligen Kampf zu ziehen und das Grab, darin der Herr
gelegen, denen zu entreißen, die den Namen des Sohnes Gottes höhnten.
Die Wirkungen solcher Rede waren um so gewaltiger, da eine begeisterte
Frömmigkeit damals alle Schichten des Volkes durchdrang und die Unruhe
und Noth der Zeit aller Blicke auf das Ewige und Himmlische richteten.
Der Pabst hielt zwei große Kirchenversammlungen ab, auf denen
er die Christen anfeuerte, in den heiligen Kampf zu ziehen. „Gott will
es! Gott will es!" riefen Tausende und aber Tausende. Fürsten,
Ritter, freie Männer und Knechte hefteten sich ein rothes Kreuz auf die
Schulter, zum Zeichen, daß sie zum Zuge in's heilige Land bereit seien.
Von allen Seiten sammelten sich die Kreuzfahrer, während die Fürsten
ernstlich rüsteten.
Schon im Frühling des Jahres 1096 brachen zwei ungeduldige
Haufen, meist zusammengelaufenes Gesindel, nach Palästina auf; aber
Hunger, Seuchen und das Schwert der Türken rieben sie auf, ehe sie das
heilige Land erreichten. — Im Herbste nach der Ernte machte sich der
Hauptzug, ein wohlgeordnetes, gut ausgerüstetes Heer, unter Führung
Gottfried's von Bouillon auf den Weg. Ueber 100,000 ge-
panzerte Reiter und 200,000 streitbare Männer hatten sich zusammen-
gefunden. Zweimal wurden die Türken geschlagen. Antiochia wurde
nach monatelanger Belagerung mit Sturm genommen. Nach drei Jahren
unermeßlicher Mühseligkeiten, welche Hunger, Hitze und Verrath der Griechen
herbeigeführt hatten, erreichten die Kreuzfahrer Jerusalem. Nur 20,000
streitbare Männer begrüßten die Stadt, aber alle Mühsale waren vergessen.
Namenlose Wonne ergriff sie; sie weinten vor Freude und küßten den
Erdboden und wären gern gleich eingezogen. Aber die Stadt war be-
festigt und von 60,000 Mohamedanern besetzt. Man schickte sich zum
Sturme an; aber die Türken schlugen ihn ab. Wochenlang wurde die
Stadt belagert. Brennender Durst quälte die Belagerer, da weit und breit
die Brunnen verschüttet waren. Meilenweit mußte das Holz zu den Be-
lagerungswerkzeugcn herbeigeschafft werden. Man bereitete einen neuen
Sturm. Leitern, Wurfmaschincn und Belagerungsthürme wurden ge-
zimmert. In feierlichem Zuge, die Priester voran, bewegte sich das Heer,
von den Türken verhöhnt, um die Stadt. Am 14. Juli 1099 näherte
man sich den Stadtmauern. Ein Hagel von Steinen und Wurfspießen
empfängt die Angreifenden. Ueber Leichenhügel hinweg schreiten sie voll
Todesverachtung. Die Kriegsmaschinen werden herangebracht. Schon
jubelt das christliche Heer. Da bricht die Nacht herein und macht dem
Kampfe ein Ende. Kaum dämmert der Morgen, so beginnt die blutige
Arbeit von neuem. Mit Erbitterung vertheidigen sich die Türken. Töpfe