1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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mit brennendem Pech und Schwefel, Steine, Balken, selbst Leichname werden
auf die Köpfe der Belagerer hinabgeschleudert. Sic weichen. Ein Jubel-
ruf der Türken erschallt. Da erblickt Gottfried von Bouillon auf dem
Oelberg eine Rittergestalt in weißer Rüstung und den hellstrahlenden Schild
schwingend. „Seht da", ruft er, „ein Cherub mit flammendem Schwerte,
den Gott uns zum Mitstreiter sendet." — „Gott will cs! Gott will
es!" antwortet die Schar der Christen, und mit wildem Ungestüm dringt
sie vorwärts. Gottfried erklimmt zuerst die Mauer. Die Seinen folgen;
Schar drangt sich auf Schar, und Jerusalem ist erobert. Ein schreckliches
Morden beginnt. Männer und Weiber, Greise und Kinder tobtet er-
barmungslos das Schwert der Christen. Von Gasse zu Gasse wälzt sich
der Mord. In den weiten und festen Mauern des Tempels haben Tausende
Rettung gesucht; aber der Tempel wird erstürmt , und die Unglücklichen
werden erschlagen. Das Blut fließt in Strömen. 10,000 Feinde sind
getödtet; aber noch ist das Morden nicht zu Ende. Nur Gottfried hält
sich fern von diesem Würgen. Barfuß, ohne Helm und Panzer eilt er in
die Kirche zum heiligen Grabe, um dem Herrn für den errungenen Sieg
zu danken. Nach dreien Tagen endlich endet-Mord und Plünderung.
Nun werden die Straßen gereinigt; die Sieger waschen das Blut von
ihren Händen, und, in weiße Gewänder gehüllt, wandeln sie in feierlichem
Zuge nach dem heiligen Grabe. Die Geistlichkeit kommt ihnen entgegen
mit hocherhobenen Kreuzen und mit frommen Gesängen, und voll Andacht
sinkt die siegreiche Schar in den Staub.
Gottfried wurde zum Könige von Jerusalem erwählt. Allein er
weigerte sich beharrlich, da eine Königskrone zu tragen, wo sein Heiland
die Dornenkrone getragen hatte, und begnügte sich damit, Beschützer des
heiligen Grabes zu heißen. Er starb schon nach einem Jahre und ward
in der Kirche des heiligen Grabes zu Jerusalem begraben. Auf sein Grab
schrieben die trauernden Kreuzfahrer die einfachen Worte: „Hier liegt Gott-
ftied von Bouillon, welcher dies Land der Christenheit wiedergewonnen hat.
Seine Seele ruhe in Christo. Amen!"
In den zweihundert Jahren, während welcher diekreuzzügc dauerten,
sind wohl an 7 Millionen Menschen ins Morgenland gezogen, und nur
wenige von ihnen sahen ihr Vaterland wieder. Sollen doch sogar im
Jahre 1212 gegen 40,000 Knaben aus Deutschland und Frankreich sich
auf den Weg nach dem gelobten Lande gemacht haben, aber meist umgekom-
men oder in Sklaverei gerathen sein. Dennoch hatte das ganze Unter-
nehmen keinen Bestand. Das neue christliche Königreich in Jerusalem
erhielt sich kümmerlich. Im Jahr 1291 ging auch die letzte Besitzung, die
Stadt Ptolemüis, verloren. Bei alledem haben die Kreuzzüge aber doch
großen Einfluß geübt. Wie sie aus frischem Glauben hervorgegangen
waren, so belebten sie auch den Glauben wieder und richteten den Sinn auf
höhere Güter. Der Handelsverkehr wurde lebhafter und machte die Städte
reich. Mancher Leibeigene gelangte in den Stand der freien Bauern, indem
sein Herr, um Geld für die Pilgerfahrt zu bekommen, sich Abgaben und