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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 229

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
229 mit brennendem Pech und Schwefel, Steine, Balken, selbst Leichname werden auf die Köpfe der Belagerer hinabgeschleudert. Sic weichen. Ein Jubel- ruf der Türken erschallt. Da erblickt Gottfried von Bouillon auf dem Oelberg eine Rittergestalt in weißer Rüstung und den hellstrahlenden Schild schwingend. „Seht da", ruft er, „ein Cherub mit flammendem Schwerte, den Gott uns zum Mitstreiter sendet." — „Gott will cs! Gott will es!" antwortet die Schar der Christen, und mit wildem Ungestüm dringt sie vorwärts. Gottfried erklimmt zuerst die Mauer. Die Seinen folgen; Schar drangt sich auf Schar, und Jerusalem ist erobert. Ein schreckliches Morden beginnt. Männer und Weiber, Greise und Kinder tobtet er- barmungslos das Schwert der Christen. Von Gasse zu Gasse wälzt sich der Mord. In den weiten und festen Mauern des Tempels haben Tausende Rettung gesucht; aber der Tempel wird erstürmt , und die Unglücklichen werden erschlagen. Das Blut fließt in Strömen. 10,000 Feinde sind getödtet; aber noch ist das Morden nicht zu Ende. Nur Gottfried hält sich fern von diesem Würgen. Barfuß, ohne Helm und Panzer eilt er in die Kirche zum heiligen Grabe, um dem Herrn für den errungenen Sieg zu danken. Nach dreien Tagen endlich endet-Mord und Plünderung. Nun werden die Straßen gereinigt; die Sieger waschen das Blut von ihren Händen, und, in weiße Gewänder gehüllt, wandeln sie in feierlichem Zuge nach dem heiligen Grabe. Die Geistlichkeit kommt ihnen entgegen mit hocherhobenen Kreuzen und mit frommen Gesängen, und voll Andacht sinkt die siegreiche Schar in den Staub. Gottfried wurde zum Könige von Jerusalem erwählt. Allein er weigerte sich beharrlich, da eine Königskrone zu tragen, wo sein Heiland die Dornenkrone getragen hatte, und begnügte sich damit, Beschützer des heiligen Grabes zu heißen. Er starb schon nach einem Jahre und ward in der Kirche des heiligen Grabes zu Jerusalem begraben. Auf sein Grab schrieben die trauernden Kreuzfahrer die einfachen Worte: „Hier liegt Gott- ftied von Bouillon, welcher dies Land der Christenheit wiedergewonnen hat. Seine Seele ruhe in Christo. Amen!" In den zweihundert Jahren, während welcher diekreuzzügc dauerten, sind wohl an 7 Millionen Menschen ins Morgenland gezogen, und nur wenige von ihnen sahen ihr Vaterland wieder. Sollen doch sogar im Jahre 1212 gegen 40,000 Knaben aus Deutschland und Frankreich sich auf den Weg nach dem gelobten Lande gemacht haben, aber meist umgekom- men oder in Sklaverei gerathen sein. Dennoch hatte das ganze Unter- nehmen keinen Bestand. Das neue christliche Königreich in Jerusalem erhielt sich kümmerlich. Im Jahr 1291 ging auch die letzte Besitzung, die Stadt Ptolemüis, verloren. Bei alledem haben die Kreuzzüge aber doch großen Einfluß geübt. Wie sie aus frischem Glauben hervorgegangen waren, so belebten sie auch den Glauben wieder und richteten den Sinn auf höhere Güter. Der Handelsverkehr wurde lebhafter und machte die Städte reich. Mancher Leibeigene gelangte in den Stand der freien Bauern, indem sein Herr, um Geld für die Pilgerfahrt zu bekommen, sich Abgaben und
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