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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 265

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
265 dingten Gehorsam, aber auch er selber arbeitete von früh bis spät und lebte nur seinen Pflichten. Einen Thorschreiber in Potsdam, der die Bauern am Morgen warten ließ, prügelte er mit den Worten: „Guten Morgen, Herr Thorschreiber! " eigenhändig aus dem Bette. — Mit Eifer ließ er sich auch die Verschönerung der Hauptstadt Berlin und die Hebung des Ackerbaues angelegen sein; 15,000 Salzburger, die wegen ihres evan- gelischen Glaubens aus Oesterreich vertrieben waren, fiedelte er in Ost- preußen an, wo ihnen Accker und Wiesen überlassen, auch das nöthige Vieh und Geräth gegeben und Kirchen und Schulen errichtet wurden. Denn er war von einer aufrichtigen, einfachen Frömmigkeit erfüllt, und so hat er denn auch für die Volksschulen sehr viel gethan: den Eltern ward es strenge zur Pflicht gemacht, ihre Kinder vom fünften Jahre an in die Schule, zu schicken, und kein Kind sollte confirmiert werden, ohne lesen und schreiben zu können. — Seine Lebensweise war eine überaus einfache. Abends, wenn er sich von den Mühen des Tages erholen wollte, lud er eine Anzahl von Generälen, Ministern und Gesandteñ zu einer Gesellschaft, und hier ward bei der Pfeife. Taback, einem Kruge Bier und einfacher Kost die freieste und ungezwungenste Unterhaltung geführt. In diesem Tabacks- collegium durfte man ihm alles rund heraus sagen; doch neben den ernsten Unterhaltungen überließ man sich allerlei Späßen und Neckereien, besonders ward durch den derbe» Witz des alten Dessauers die fröhliche Stimmung oft erhöht. Von ganz anderer Natur als der König war der am 24. Januar 1712 geborene Kronprinz Friedrich. Mehr und mehr zeigte er außer- ordentliche Fähigkeiten, und unter dem Einfluß seines französischen Er- ziehers entwickelte sich in ihm eine große Neigung für Kunst und Wissen- schaft. Dagegen trieb er die militärischen Uebungen nicht mit Lust, das bloße Exercieren befriedigte ihn nicht, und das rohe Treiben der Soldaten widerte ihn an. Auch das Tabackscollegium mit seinen derben Späßen be- hagte ihm nicht, und sehr ließ er es an der vom Vater gewünschten Spar- samkeit fehlen. So bildete sich allmählich eine tiefe Verstimmung zwischen Vater und Sohn aus, und mit Bitterkeit äußerte der König wohl: „Fritz ist ein Querpfeifer und Poet, er macht sich nichts aus den Soldaten und wird mir meine ganze Arbeit verderben." Wo er seinem Sohne begegnete, drohte er ihm mit dem Stock, und in seiner leidenschaftlichen Natur be- handelte er ihn oft vor allem Hofgesinde auf's schimpflichste. So reifte allmählich im Kronprinzen der Plan, heimlich zu entweichen; mit einem Lieutenant von Kalte verband er sich zur Flucht nach England, aber die Unglücklichen wurden ergriffen, und der Zorn des Königs kannte jetzt keine Grenzen. Mit seinem Stocke schlug er den Sohn blutig, ja er würde ihn, durch seine festen Antworten gereizt, mit dem Degen durchbohrt haben, wenn sich nicht der General von Mosel zwischen beide geworfen hätte. Der Lieutenant von Katte ward als Ausreißer vor des Kronprinzen Augen hin- gsrichtet; er selbst ward auf die Festung Küstrin gesetzt, und hier mußte er täglich über sieben Stunden in Regierungssachen arbeiten, auch im übrigen
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