1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
328
61. Die Indianer in Nordamerika.
Schon vor seiner Entdeckung war Amerika von verschiedenen Völkerschaften
bewohnt, die in seinen Ebenen und Wildnissen nach ihren Natursitten lebten. Von
den.weißen sind sie aber mehr und mehr ihrer östlichen Wohnsitze beraubt und
immer weiter und weiter nach Westen zurückgedrängt worden. Auch haben die
Blattern und der Branntwein die einst zahlreichen Stämme bedeutend vermindert
und manche sogar ausgerottet. Noch mögen etwa 600,000 Indianer im Gebiete
der nordamerikanischen Freistaaten leben. Im Westen von^Arkansas, im soge-
nannten Jndianergebiete, haben sich viele als Ackerbauer angesiedelt, andere leben
noch als Jägervölker in den Ebenen zwischen dem Mississippi und dem Felsen-
gebirge. Hierdurchstreifen sie die Prairien, mit Jagd und Krieg sich beschäfti-
gend. Wie sie sich durch einen kräftigen, gedrungenen Körperbau auszeichnen, ist
auch die Ausbildung ihres Körpers durch Schwimmen, Laufen, Klettern, Sprin-
gen bei ihnen die Hauptsache. Dazu werden sie an Schärfe der Sinne wohl von
keiner andern Völkerschaft übertroffen. Mit Falkenaugen wissen sie die Thier-
sährten und die Fußtritte ihrer Freunde von denen ihrer Feinde genau zu unter-
scheiden. Die meisten sind vortreffliche Reiter, und tollkühn erjagen sie sich in den
Grasebenen ihr Hauptnahrungsmittel, den Büffel. Den Feind greifen sie nur
an, wenn sie ihm überlegen sind, am liebsten des Nachts oder aus einem ver-
steckten Hinterhalte.
Das langgewachsene Haupthaar salben sie mit Fett lind schmücken es mit
Federn und anderem Zierrath, das Barthaar wird aber sorgfältig ausgezupft. Bei
allen Stämmen ist immer noch das Tättowieren Sitte, obgleich das Einpunktieren
und Einstechen von Figuren in die Haut mit großen Schmerzen verbunden ist.
Außerdem wird der Körper auch noch mit allerlei Figuren bemalt und mit man-
cherlei Schmuck behängt. Die Kleidung besteht meist aus einem Ueberwurfe von
Hirsch- oder Schaffell, das kunstvoll mit Glasperlen und Hermelin besetzt ist. Die
enganschließenden, hirschledernen Beinkleider sind an den Nähten mit Stachel-
schweinkielen verziert. Ueber der einen Schulter hängt die Haut eines Büffels,
auf welcher die ruhmvollen Thaten des Besitzers dargestellt sind. Häufig kaufen
sich jetzt die Indianer auch bunte Decken von den Weißen, mit denen sie Kopf und
Schultern bedecken. Bei einem Kriegszuge suchen sie sich durch Bemalung, durch
Hörner und Schwänze, die sie überall anbringen, ein fürchterliches Ansehen zu geben.
Der Ban ihrer Hütte ist fast bei jedem Stamme ein anderer. Auf dem hart-
getretenen Fußboden werden Pfähle eingeschlagen und an der Außenseite mit
einer Erdwand umgeben. Auf diese Pfähle befestigt man andere, die sich nach der
Mitte hinneigen und ein spitzgehendes Dach bilden, das mit Weidenruthen und
darauf mit Erde belegt wird. Andere überspannen das Stangengerüst auch mit
Büffelhäuten. In der Mitte befindet sich der Feuerherd, über welchem der Kessel
mit Büffelfleisch hängt und von dem der Ranch durch ein oben angebrachtes Loch
zieht. Um die Wände herum laufen die aus Büffelhäuten bestehenden Betten,
und an einem Pfahle daneben hängen Kleider, Waffen, Tabacksbeutel und andere
Bedürfnisse des Indianers. Gewöhnlich sind die Hütten eines Jndianerdorfes
rings um eine größere Hütte, den Tempel, erbaut. Für das ganze Hauswesen,
Aufbau der Hütten, Fertigung der Kleidungsstücke und Jagdgeräthschaften hat die
Frau zu sorgen, während der Mann, wenn er nicht auf Jagd und Krieg ausge-
zogen ist, wie einst die alten Deutschen, ruhig aus seiner Bärenhaut liegt.
Geht es in den Krieg, der häufig unter den umherstreifenden Stämmen ans-
bricht, dann blitzt Wuth und Feuer aus ihren Augen. Bewaffnet mit Lanze, Bo-
gen und Pfeil, mit Keulen und Messern stürzen sie unter entsetzlichem Schreien
wild auf einander, bis die eine Partei den Rückzug antritt. Die Pfeile sind ver-
giftet und mit Widerhaken versehen. In neuerer Zeit bedienen sie sich auch der
Flinte. Die getödteten oder gefangenen Feinde werden skalpiert, d. h. man zieht
ihnen die Kopfhaut ab, um sie als Siegeszeichen aufzubewahren. Dann feiert
man den Swf unter Tänzen, und Lustbarkeiten, die man durch grausame Martern