Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 346

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
346 weicht er auch in vielen Stücken sehr wesentlich von ihnen ab. Er ist ruhiger, als alle übrigen Mitglieder der Katzcnfamilie, und liebt deshalb größere Streifzüge durchaus nicht, sondern sucht es sich so bequem zu machen als möglich. Seine Lebensweise ist eine rein nächtliche, nur gezwungen ver- läßt er am Tage sein Lager. Bei Tage begegnet man ihm äußerst selten; im Walde nur, wenn man ihn durch Hunde auftreibcn läßt; dagegen sieht man ihn einzeln, obgleich selten, von einem erhabenen Punkt Umschau über die Gegend halten, wahrscheinlich um die Beute auszukundschaften. Erst mit der Nacht zeigt er sich allgemein sind kündet durch donnerartiges Brüllen seine Wache und den Beginn seiner Streifzüge an. 69. Das Gebrüll des Löwen. Man begreift, daß alle Thiere, welche diesen fürchterlichen Räuber kennen, vor Entsetzen fast die Besinnung verlieren, sobald sie ihn nur brüllen hören. Dieses Gebrüll ist bezeichnend für das Thier selbst. Man könnte es einen Ausdruck seiner Kraft nennen, es ist einzig in seiner Art und wird von keiner Stimme eines andern lebenden Wesens übertroffen. Die Araber haben ein sehr bezeichnendes Wort dafür, sie nennen es donnern. Be- schreiben läßt sich das Löwcngebrüll nicht. Tief aus der Brust scheint es hervorzukommen und scheint diese zersprengen zu wollen. Es ist schwer, die Richtung-zu erkennen, von woher cs erschallt, denn der Löwe brüllt gegen die Erde hin, und auf dieser pflanzt sich der Schall wirklich wie Donner fort. Unbeschreiblich ist die Wirkung, welche des Königs Stimme unter seinen Unterthanen hervorruft. Die heulende Hyäne verstummt, wenn auch nur auf Augenblicke, der Leopard hört auf zu grunzen, die Affen beginnen laut zu gurgeln und steigen angsterfüllt zu den höchsten Zweigen empor. Die blökende Herde wird todtcnstill; die Antilopen brechen in rasender Flucht durch'- Gezweig ; das beladene Käme el zittert, gehorcht keinem Zurufe seines Treibers mehr, wirft seine Lasten, seinen Reiter ab und sucht sein Heil in eiliger Flucht ; das Pferd bäumt sich, schnauft, bläst die Nüstern auf und stürzt rückwärts; der nicht zur Jagd gewöhnte Hund sucht winselnd Schutz bei seinem Herrn : kurz Freiligrath's Be- schreibung ist vollkommen richtig: „Dem Panther starrt das Rosenfell, Erzitternd flüchtet die Gazell', Eö lauscht Kameel und Krokodil Des Königs zürnendem Äebrüll." Und selbst der Mann, an dessen Ohr zum ersten Mal diese Stimme schlägt, in der Nacht des Urwaldes, selbst er fragt sich, ob er auch Held genug sei dem gegenüber, welcher diesen Donner hervorruft.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer