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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 350

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
350 Absprunge zu hindern. Auge und Ohr in schärfster Spannung, liegt er Tagelang auf dem gleichen Fleck und scheint mit halb gesenkten Lidern zu schlafen, wenn seine verräterische Wachsamkeit am größten ist. Erlebt von der List, da sein (wie aller Katzen) stumpfer Geruchsinn, seine verhält- nismäßig geringe Schnelligkeit ihn zum offnen Angriff nicht befähigen. Geduldiges Lauern, außerordentlich leises, katzenartiges Schleichen bringt ihn zu Beute. Er ist nicht so schlau, als der Fuchs, aber geduldiger; nicht so frech, als der Wolf, aber ausdauernder, vongewandtermsprung; nicht so kräftig, als der Bär, aber scharfsinniger, aufmerksamer. Seine größte Kraft liegt in den Füßen, der Kinnlade und dem Nacken. Er weiß sich die Jagd bequem zu machen und ist nur wählerisch in der Beute, wenn er Fülle hat- Was er mit feinem langen, sichern Sprung erreicht, wird niedergerissen; erreicht er sein Thier nicht, so läßt er es gleichgültig fliehen und kehrt ohne ein Zeichen von Gemüthsbewegung auf seinen Baumast zu- rück. Er ist nicht gefräßig, aber er liebt das frische, warme Blut und wird durch diese Liebhaberei unvorsichtig. Erlauert er am Tage nichts und wird er hungrig, so streift er des Nachts umher, oft ungeheuer weit, aus drei bis vier Alpen; der Hunger macht ihn muthig und schärft seine Klugheit und seine Sinne. Trifft er eine weidende Schaf- oder Ziegenherde, so- schleicht er, schlangenartig auf dem Bauche sich windend, heran, schnellt sich im günstigen Augenblicke vom Boden auf, dem aufspringenden Thiere auf den Rücken) zerbeißt ihm die Pulsader oder das Genick und tödtet es so augenblicklich. Dann leckt er zuerst das Blut, reißt dann den Bauch auf, frißt die Eingeweide und etwas von Kopf, Hals und Schultern und läßt das Uebrige liegen. Seine eigenthümliche Art der Zerfleischung läßt die Hirten über den Thäter nie in Zweifel. Nicht selten aber reißt er drei bis vier Ziegen oder Schafe auf einmal nieder, ja er fällt im Hunger selbst Kälber und Kühe an. Ein im Februar 1813 im Kanton Schwyz am Axenberge geschossener hatte in wenigen Wochen an vierzig Schafe und Zie- gen zerfleischt. Im Sommer 1814 zerrissen drei oder vier Luchse in den Gebirgen des Simmenthales 160 Schafe und Ziegen. Hat der Luchs aber Wildpret genug, so hält er sich an dieses und scheint eine gewisse Scheu zu haben, sich durch Zerreißung der Hausthiere zu verrathen. Die in den Alpen lebenden Gemsen fällt er mit Vorliebe an; doch übertreffen ihn diese an Feinheit der Witterung und entgehen ihm häufig, selbst wenn er sich an ihre Wechsel und Sulzen in Hinterhalt legt. Häufiger erbeutet er Dachse, Murmelthiere, Alpcnhasen, Hasel-, Schnee-, Birk- und Urhühner und greift im Nothfalk selbst zu Eichhörnchen und Mäusen. Selten fällt ihm bei uns im Winter, wo er sich so oft in die unteren Berge und selbst in die Thäler wagen muß, ein Reh zu; dagegen versucht er es wohl, sich unter der Erde nach den Ziegen- oder Schafställen durchzugraben, wobei einst ein Ziegen- bock, der den unterirdischen Feind bemerkte, als er eben den Kopf aus der Erde hob, diesem so derbe Stöße zutheilte, daß der Räuber todt in seiner Mine liegen blieb. Die Luchse vermehren sich nicht stark. Regelmäßige
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