1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Statt der Zahne hängen gegen 1900 elastische Hornplatten Hechel-
oder kammartig von seinem Gaumengewölbe herab. Diese Hornplatten oder
Barten sind an ihrem Grunde 10 bis 12 Fuß breit, in der Mittellinie
des Rachens, wo sie am tiefsten sich herabsenken, etwa 13 Fuß lang; sie
stehen 3/4 Zoll von einander ab, sind an ihrer Innenseite faserig gefranst,
so daß sie eine Art von Sieb bilden. Unter denselben liegt die Zunge,
18 Fuß lang, Io Fuß breit, 8000 Pfund schwer.
Um seine Nahrung zu nehmen, schießt der Walfisch pfeilschnell mit
weit geöffnetem Rachen auf der Oberfläche des Wassers hin und fischt eine
große Menge von Thierchen. Beim Schließen des Rachens spritzt er mit
der Zunge dann das Wasser 20 Fuß hoch durch die Spritzlöcher auf dem
Scheitel seines Kopfes, und in dem Siebe der Barten sind alle kleinen
Thiere gefangen. So strömt ihm die Nahrung wie von selbst in den
Rachen, damit die kleinen Geschöpfe den Riesen ernähren. Die Nasen-
oder Spritzlöcher sind auf dem erhabenen Scheitel angebracht, damit das
Thier beim Athmen den Kopf nicht über das Wasser zu heben braucht.
Zuweilen schnellt sich der Walfisch mächtig in die Höhe, zuweilen
richtet er den Kopf abwärts und schlägt den Schwanz mit furchtbarer
Gewalt auf das Wasser, so daß das Meer schäumt und im weiten Umkreise
sich mit Dampfwolken bedeckt. Das Getöse wird bei stillem Wetter in
weiter Entfernung gehört.
Der Walfischsang ist für die seefahrenden Nationen ein bedeutender
Erwerbszweig, früher besonders für die Holländer, zum Theil auch für die
Hamburger und Schleswig-Holsteiner, jetzt mehr für die Engländer und
Amerikaner.
Ein mittelmäßiger Walfisch liefert gegen 120 Tonnen Thran aus
seinem Speck und über 300 Fischbeinplatten von den Barten, jede 10 bis
13 Fuß lang, welche zusammen etwa 25 Centner wiegen. Die Därme
und Häute des Walfisches dienen den Eskimos zu Kleidern und zu Fen-
sterscheiben, die Knochen zu Harpunen, Schlitten, Bootrippen und zu
Stützen der Zelte. Die großen Unterkieferknochen benutzt man in den
nordischen Gegenden zu Wehrsteincn an den Straßen. Die Sehnen spaltet
man zu Fäden und benutzt sie als Zwirn, um damit die Häute an den
Booten und Zelten zusammenzunähen. Aus den Haaren der Barten
dreht man Schnüre und Seile. Oel, Thran und Fischbein kommen in
den Handel.
Da aber der Walfisch jährlich nur ein Junges gebärt und sowohl
durch seine Größe, als durch seinen Wasserstrahl sich leicht verräth, so ist
er im Norden schon sehr selten geworden, während in dem größeren süd-
lichen Polarmeere doch noch jährlich 10,000 Stück getödtet werden.
An den deutschen Küsten lebt er nicht; höchst selten strandet er an
denselben, wenn er weit verschlagen wurde; allein ein kleineres Säugethier
von ähnlichem Bau, der Delphin oder Tümmler, wird oft in den deutschen
Gewässern gefangen.
Der Delphin lebt in mehreren Arten in allen Meeren um Europa.