1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
403
Iw. Der Menschenfresser.
Unermeßlich ist der Gestaltenreichthum der Fische; auch nur einen
Theil derselben zu kennen, ist den Wenigsten gegeben. Zwei große Gruppen
sind es, in welche sämmtliche Fische ihrem inneren Knochengerüste nach zer-
fallen. Die größere Mehrzahl derselben sind Grätenfische, gebaut aus den-
selben zarten Knochen, wie wir sie bei den meisten auf den Tisch kommenden
Fischen, selbst noch bei der Wirbelsäule des Aales, kennen. Ein kleinerer
Theil führt statt der Gräten bloß Knorpel von der Art, wie die weichsten
Theile der Kalbsknochen, in denen der steinige Theil fast verschwindet und
nur in einzelnen Körnern abgesetzt ist. In unseren norddeutschen Flüssen
erscheint von diesen nur das wunderliche Neunauge mit den seitlichen
Löchern, das sich an anderen größeren Fischen festsaugt und dieselben förm-
lich durchbohrt; dann der Stör, welcher 7 Fuß lang wird, und dessen
Fleisch geräuchert und mariniert stückweise in den Handel kommt, endlich der
Hausen, dessen Schwimmblase den reinsten und edelsten Leim liefert,
während von beiden letztgenannten der Rogen zu dem berühmten Leckerbissen
des Caviar verarbeitet wird.
Zu ihnen gehört aber auch ein Theil der wunderlichsten Gestalten des
Meeres, die Rochen und Haie: die Rochen fast nur große Scheiben bildend,
unter denen der Zitterrochen merkwürdig ist durch seine elektrische Kraft,
mit welcher er seine Feinde, wie die Fische, die ihm als Nahrung dienen,
betäubt; die Haie, deren einige durch ihre Gestalt, wie der Hammer fisch
und der Sägefisch, auffallenderscheinen, alle aber durch ihre Gefräßigkeit
und Gefährlichkeit im Meere gefürchtet sind, so daß einer sogar den Namen
M en s ch e n fres s e r erhalten hat und Schiller ihn des Meeres Hyäne nennt.
Dieser Menschenfresser wird gegen 30 Fuß lang und gegen 10,000
Pfund schwer. Sein Rachen ist mit mehreren Reihen dreikantiger und viel-
zackiger Zähne besetzt, von denen die vorderen zum Beißen dienen, während
die hinteren, nach rückwärts gewendet, gleich Widerhaken die Beute festhalten.
Gierig verschlingt der Hai die Leichen der Fische, Seehunde, und was
sonst genießbares im Meere treibt, selbst den Walfisch beißt er an. Viele
Meilen begleitet er ein Schiff, um die Abfälle der Küche zu fangen. Alles,
was man über Bord wirft, verschluckt er, ganze Pferde oder Rinder, die mensch-
lichen Leichen mit dem Brett, daraufsie fest gebunden sind, das Fleisch, das noch
verpackt ist, sammt dem Fasse, daher man ihn auch fängt, indem man ein
todtes Thier an den Anker befestigt. Der Hai verschlingt es mit dem Anker
und wird durch die Ankerkette an Bord gezogen. Grausam wird er getödtet,
denn die Matrosen, die ihn als ihren persönlichen Feind betrachten und
hassen, feiern seinen Fang mit Jubelgeschrei. Fällt ein Matrose über Bord,
so ist er nur zu oft unwiederbringlich die Beute des begleitenden Fisches;
er wirft sich auf den Rücken, um seine Beute sicher zu fassen, da seine vor-
stehende Schnauze ihn sonst hindern würde. Besonders gefährlich ist er
auch den Tauchern, welche Perlen oder Schwämme fischen. Sie lassen sich
durch allerlei Zanbersprüche vermeintlich fest machen gegen die Gefahren
26*