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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 502

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
502 Viele Neberlegungen wurden in diesem Sommer angestellt, was ich denn für eine Lebensart ergreifen wolle. Beim Bauern bleiben, nach einigen Dienstjahren mir eine kleine Landstelle ankaufen, worauf ich ein Paar Pferde halten könnte, dann aber fortfahren zu arbeiten fast wie ein Knecht — nein, dazu konnte ich mich doch nicht entschließen. Eine Mühle zu kaufen, dazu war mein Vermögen nicht groß genug, und die vielen Schulden, die ich bekommen hätte, fürchtete ich. Unter andern hatte ich auch den Ge- danken Soldat zu werden; nach Wuchs und Gewandtheit, so wie bei meinen Kenntnissen konnte ich denken bald Unteroffizier und garlieutenant zu werden. Indessen die Vorstellung: da würdest du ja gewiß, wenn auch nur einige, Schläge bekommen, ohne diese wieder zurückgeben zu dürfen, ja, ohne zu mucksen deshalb — empörte meine Seele. Ich war rathlos. In der letzten Hälfte des Sommers sagte mir ein Prediger auf meine oft ge- thane Frage: ob ich für 2100 Mark studieren könnte: „Ja, Harms, studieren Sie nur; wenn Sie fleißig sind und einige Stunden geben für Gelb, so kann's geschehen." Meine Erwiderung: „Das eine steht bei mir: das andere nicht so; werden mir auch Stunden angetragen? und werde ich die Zeit haben, daß ich Stunden gebe?" Er sagte: „Ja, das werden Sie; nur iu Gottes Namen angefangen ! Gehen Sie diesen Herbst auf die gelehrte Schule!" Ich beschloß es, fragte meine Vormünder, ob sie es erlaubten, die hatten beide nichts dawider. Im Meldorfer Markt, 14. September, ging ich nach Meldorf und ließ mich von dem Rector zur Aufnahme prüfen. Der maß mich mit seinen Augen; ich war groß und er war klein; seine erste Frage war, ich hätte ja wohl schon einige Kenntnisse? Als ich ihm sagte, ich wäre in meinem 13. Jahre bei einem Prediger gewesen ein Jahr lang und hätte da etwas Latein gelernt, das aber mchrentheils vergessen wäre, mußte ich declinieren und konjugieren; das war sehr mangelhaft. Nach einigen andern Fragen, auf welche ich Antwort gab und keine, entließ er mich mit den Worten: „Wenn Sie bis zum Anfang der Winterschule fertig decli- nieren und conjugieren können, so kann ich Sie in Prima aufnehmen." Ich war froh darüber, dachte indes: „Wissen die Herren Primaner nicht mehr?" Ich ging erfreut über diesen Ausfall fröhlich nach Hause zurück und in meine bisherige Arbeit. Die war mchrentheils Dreschen selbander. Ich gab meinem Mitdrcscher täglich 1 ß., damit er morgens recht frühe käme; nachmittags um 4—5 Uhr waren wir fertig mit unserm Tagewerk, und ich lernte bis in den späten Abend. Mein Dienstherr fuhr mich am 7. October 1797 mit meiner blauen Lade und den Kleidungsstücken darin sammt allen meinen Büchern nach Meldorf und ich ging selbigen Tages zum Rector, mich darstellend und nun erwartend, daß ich in Prima gewiesen würde. Allein — aus seine Frage, ob ich gut gelernt hätte, und auf meine Erwiderung, das glaubte ich, sagte er: „Aber haben wir auch neulich eine Probe gemacht im Uebersetzen aus dem Deutschen in's Lateinische?" Ich mußte Nein sagen, dachte dabei: „Ach, daß du damit wegbliebest!" Die Probe wurde angestellt und fiel
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