1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Stall, Scheuer in sich. Eine große Einfahrt ohne Durchfahrt führt in das Haus,
so daß der Erntewagen immer verkehrt wieder herausgefahren werden muß. Den
Hauptraum bildet die große Dreschdiele oder Tenne, und rings um diese gereiht
liegen die Wohnzimmer, Küche, Wirthschaftsranm, Vorrathskammer und Stal-
lungen. Letztere liegen an beiden Seiten der Diele, und in ihnen steht das Vieb
(Kühe und Pferde) mit den Köpfen der Diele zugekehrt. Am oberen Enve liegt
der Feuerherd, die Hauptstätte des Hauses, ganz frei, so daß man um denselben
herum gehen kann. Da das sächsische Haus ohne Schornstein ist, so muß der Rauch
unter der Decke hinziehen und seinen Weg durch das Dach suchen, wodurch die auf-
gehängten Speckseiten, Schinken und Würste geräuchert werden. Hinter dem Feuer-
herd, der großen Einfahrt gegenüber, führen Thüren in die Wohnzimmer, durch
deren Fenster man in den Garten sieht. Besonders bezeichnend für das sächsische
Haus sind noch die aus der heidnischen Zeit herübergenommenen hölzernen Pferde-
köpfe an den Giebeln der First. — Wenn nun auch in der neueren Zeit diese Bauart
verändert ist durch Anlegung von Vordielen, Schornsteinen, Küchen und Kellern
u. s. w., so sind doch auch wesentliche Eigenthümlichkeiten, die zur Straße gerichtete
Giebelseite mit der großen Einfahrt, die große Diele, zu beiden Seiten derselben
die Viehställe und am Ende die Wohnstuben geblieben. Von dieser eigentlich
sächsischen Bauart findet man noch Abweichungen im Amte Reinfeld undtraven-
dahl, wo die Häuser eine ganze Durchfahrt haben, sowie in Femarn und Dit-
marsen, wo am oberen Ende der Diele ein großer Saal, Pesel genannt, liegt.
Vas dänische Haus.
Die dänische Bauart beginnt nördlich von der Schlei und erstreckt sich fast
über das ganze Herzogthnm; sie strebt nach der Straße, der die Längenseite des
Wohnhauses und die Fenster zugekehrt sind. Ein Hof besteht aus mehreren Ge-
bäuden; die Hausthiere wohnen nicht in Gemeinschaft mit den Menschen, sondern
sind in besondere Stallungen verwiesen. Die Wirthschaftsgebäude sind überhaupt
strenge von dem Wohnhause geschieden und enthalten besondere Abtheilungen
für Korn, Heu, Torf u. s. w. Alle Gebäude zusammen bilden häufig ein Viereck
oder doch drei Seiten desselben und schließen einen Hofplatz ein, in dessen
Mitte der Düngerhaufen liegt. Alle dänischen Häuser haben Schornsteine, der
Haupteingang liegt an der Längenseite gegen Süden: Pferde und Kühe sind nicht
mit den Köpfen nach der Langdiele, sondern den Außenwänden zugewandt. — Alle
Zimmer haben besondere Namen, das größte wird Pesel genannt, welches die große
Diele des sächsischen Hauses ersetzt. Rings umher an den Wänden stehen große
eichene Kisten mit künstlichem Eisenbeschlag von durchbrochener Arbeit, mit Blumen,
Namenzügen und Jahreszahlen geziert, in welchen sich der Schatz an Bett- und
Leinenzeug, der heimliche Reichthum, befindet. Der Pesel ist ohne Ofen, hat eine
steinerne Diele und wird gebraucht an Tagen besonderer Familienfeste. — Bon
dieser regelmäßigen Bauart finden sich in einzelnen Gegenden (Friesland, Sunde-
witt) manche Abweichungen, und häufig läßt sich sächsischer Einfluß bemerken, z.b.
fehlt in den anglischen Häusern die Quadratform.
Der eiderstedsche Hauberg.
Ganz abweichend von der sächsischen und dänischen ist die Bauart in der eider-
stedschen Marsch. Alle Höfe liegen auf breiten, hohen, aufgeworfenen Hügeln,
sogenannten Warften, welche bei einem Deichdurchbrnch selbst gegen die Meeres-
fiuten Schutz gewähren. Ein größerer Marschhof heißt Hauberg und hat seinen
Namen wahrscheinlich ans der Zeit erhalten, wo noch die Henbergung die Haupt-
beschäftigung der Bewohner war. Das Gebäude bildet gewöhnlich ein großes, der
Quadratform sich näherndes Rechteck, welches in der Mitte einen ganz von Zimmer-
werk gebauten viereckigen Raum (de Veerkant) einschließt, der als Grundfach
dient und früher zur Bergung des Heues bestimmt war. Um diesen Veerkant herum
liegen vier andere langgestreckte Vierecke; das gegen Süden gerichtete dient zum