1830 -
Büdingen
: Heller
- Autor: Wilmsen, Friedrich Philipp
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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I[. Erzählungen
lässig te seine Wirthschaft, in der Hoffnung, bald oh-
ne Mühe reich zu werden. Lange blieben die schänd-
lichen Wirkungen dieses Betrugs in dem Dorfe noch
sichtbar.
26. Der Glücksspieler.
Stephan diente schon seit vi-elen Jahren als Gärt-
ner bei einem vornehmen Herrn, und hatte das Lob
eines fleißigen, geschickten und treuen Arbeiters. Er
lebte dabei auch sehr zufrieden, und wünschte weiter
Nichts, als daß er es nur bis an sein Ende so gut
haben mochte; denn sein Herr liebte und schätzte ihn.
Eines Tages kam sein Freund Anton mit schnel-
len Schritten zu ihm in den Garten, und meldete ibm
voller Freude, daß er Zoo Thaler in der Lotterie ge-
wonnen habe. Nun bin ich auf ein Mal aus meiner
Noth! rief er; so kümmerlich, wie bisher, darf ich
nun mein Bißchen Brot nicht mehr verdienen. Ich ge-
be meinen Dienst bei der Herrschaft auf (er war Be-
dienter bei demselben Herrn), und lege mir einen klei-
nen Handel zu, da will ich mich schon gemächlicher näh-
ren. Und wenn ich dir rathen soll, lieber Stephan,
fuhr er fort, so versuche du dein Glück auch in der Lot-
terie. Ist es nicht besser, daß wirunsere eigenen Her-
ren werden? Und was haben wir, wenn wrr alt und
schwach werden, für Pflege und Wartung zu hoffen,
so lange wir in Diensten sind?
Stephan schürrelle den Kopf, wußte aber doch nicht
viel dagegen zu sagen, und Anton machte ihm den Ge-
winn in der Lotterie so wahrscheinlich , stellte ihm auch
den Zustand der Unabhängigkeit so angenehm vor, daß
er sich endlich entschloß, eine Kleinigkeit daran zu wa-
gen. Er setzte also einige Groschen in die Lotterie,
und gewann bei der nächsten Ziehung Nichts. Da er
mulhlos werden wollte, munterte ihn Anton auf, und
sagte : er sollte den Einsatz nur ein Mal verdoppeln,
und fortfahren / am Ende müsse sein Loos heraus-
kommen; so habe er seine 5c>o Thaler auch gewonnen.
Stephan wollte sein Geld nicht gern verloren ha-
den, und setzte also von neuem ein. Das that er
auch die folgende Zeit, aber statt der Treffer wurden
immer Nieten für ihn gezogen. Zuletzt konnte er den
Einsatz nicht mehr aus eigenen Mitteln bestreiten,