1829 -
Reutlingen
: Mäcken
- Autor: Wilmsen, Friedrich Philipp
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 90
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
110 Iv. Von der Erde und ihren Bewohnern.
drohend herabhangen, und Stalaktiten genannt werden.
Die Masse heißt mir Recht Tropfstein, weil sie durch
herabtropfelnde und allmählig erstarrende Flüssigkeiten ge-
bildet wird.
Hie und da haben gewaltige Ströme die Gcbirgs-
masscn durchbrochen und von einander gerissen, so daß
die Wände der ftehengebliebcnen ein ungeheures Thor bil-
den. So entstanden die Meerengen, durch welche Län-
der getrennt, Meere verbunden werden, wie z. B. die
Meerenge von Gibraltar, an welcher die Spitzen von
Europa und Afrika sich nähern, und durch die das mit-
telländische Meer in den Ocean strömt.
In der langen majestätischen Reihe der Bergriesen
sicht obenan der mächtige Ch im bora sso, der sich in
einer Höhe von K)3o2fuß über die Mecrcsfläche erhebt,
und nicht nur der höchste Punkt Amerika's, sondern der
ganzen Erde ist. Ihm folgt der Mont Rosa mit ei-
ner Höhe von i458o Fuß; diesem der Montblanc
mit 14)46 Fuß; diesem der Ortler mit 14016 Fuß.
Bis zu 12870 Fuß sinkt dann die Jungfrau, eine
Bergspitze Hclvetiens oder der Schweitz, und bis zu
11424 der Pik auf der Insel Teneriffa herab, und alle
diese Berggipfel, weder von Menschen noch Thieren be-
wohnt, mit ewigen Schneemassen bedeckt, bieten den
schauerlichen Anblick einer leblosen, von düsteren Abgrün-
den durchschnittenen Wüste dar, und sind zum Theil
Heiligthümer der Natur, die nie ein menschlicher Fuß
betrat. Die höchste menschliche Wohnung, das Kloster
auf dem S. Bernhard, liegt nur 7731 Fuß über
der Meeresfläche; die höchste Herberge unseres deutschen
Vaterlandes, das Brocken haus, erhebt sich nur 3276
Fuß; der höchste Punkt des schlesischen Gebirges, die
S ch n e e k 0 p p e, übersteigt nicht die Höhe von 4--00 Fuß.
Das unermeßliche Meer, welches alles Land der Erde
umschließt, und es von seinen schädlichen Dünsten be-
freit, indem es sie an sich zieht; hat eine meistens un-
ermeßliche Tiefe; denn schon ließ man das Senkblei bis
auf 4680 Fuß auskaufen, ohne Grund zu finden. Doch
ist diese Tiefe sehr verschieden; denn, gleich dem Boden
des festen Landes, besteht der Boden des Meeres aus
Bergen und Thälern, Hügeln und Felsen, und wie die
Hand des Menschen unaufhörlich das feste Land mit Ge-