1860 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Hempel, Carl Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 42
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Geschichte der christlichen Kirche 267
der Name Herrnhuter. Der Graf legte seine Stelle als Hofrath
in Dresden nieder, ließ sich in Berlin zum Bischof der mährischen
Brüder weihen, reiste nun herum, um seine Partei zu vermeh-
ren, und stiftete in mehreren protestantischen Ländern, selbst in
Amerika, Gemeinen. Er achtete keine Mühe und Verfolgung, ja
in Riga kam er sogar in Gefangenschaft. Seine Anhänger er-
hielten den Namen evangelische Brüdergemeine, und 1727 gab
er ihr eine bestimmte Einrichtung. Zinzendorf starb 1760. Ein
Bischof Spangcnberg war sein treuer Gehülfe und ein sehr ge-
lehrter Mann. Solche Gemeinen sind in Niesky bei Görlitz, in
Barby, in Neudietendorf zwischen Erfurt und Gotha, in Schle-
sien, in England, Rußland, Amerika, Afrika. Sie haben sich
verdient gemacht durch Missionen oder Gesandtschaften unter die
Heiden in andern Erdtheilen, wo sie mit unglaublicher Geduld
das Evangelium verkündiget haben. In ihren Vorträgen be-
ziehen sie Alles aufjesum, von ihm erwarten sie Alles, in seinem
Namen thun sie Alles und überall gilt der Wahlspruch: derhei-
land will es. Im Vertrauen, daß er entscheide, losen sie bei
Verheirathungen, Amtsbesetzungen oder Versendung pon Missio-
narien, wenn die Wahl zweifelhaft ist. Doch erkennt man immer
mehr, daß man dabei keine Wunder erwarten dürfe. Man fürch-
tete die Grübeleien des Verstandes und dachte mehr auf Anregung
frommer Gefühle, sprach bei der Lehre von der Versöhnung Viel
von Jesu Wunden, von seinem Schweißtuche und Leichengeruch rc.
Jetzt ehrt man auch gelehrte Kenntnisse, bescheidnes Forschen,
zweckmäßige Belehrungen, und wählt mehr biblische statt jener
spielenden Ausdrücke. Uebrigens halten sie die heilige Schrift
für Gottes Wort. und nehmen die Augsburgische Confession als
ihr Glaubensbckenntniß an. Dabei sind sie fleißig, sittsam, red-
lich, streng gegen Vergehungen; Verweise, Ausschluß vom heili-
gen Abendmahl, vom Umgänge mit den Brüdern sind die siufen-
weise angewendeten Strafen; erfolgt keine Besserung, so wird der
Böse von der Gemeine ausgeschlossen. Eine Aeltestenkonferenz
regiert die Gemeine; dieser muß jedes Mitglied gehorchen. Sie
besteht aus dem Gemeinhelfer, als dem obersten Vorsteher der Ge-
meine, dem Ortsprediger und den Chorhelfern oder Dienern.
Eie haben Bischöfe, Prediger, Diakonen, auch Diakonissinnen
zur Pflege der Schwestern. Tanz. Karten- und Würfelspiel wer-
den nirgends gestattet. An jedem Tage sind Andachlsstunden.
Ihr Gottesdienst ist durch schönen Gesang und religiöse Musik
rührend ; ihre Todtenäcker sind liebliche Gärten; über die Todten