1839 -
Halle
: Kümmel
- Autor: Zerrenner, Carl Christoph Gottlieb
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Die Fügungen Gottes.
„Nun, so thue das," antwortete der Vater, „und
wenn du so viel verdient hast, so komm wieder, und
du sollst meine Tochter haben." —
Martens ging traurig von ihm weg. Marie, die
eben in der Stadt gewesen war, begegnete ihm und
, fragte ihn, wie die Sache abgelaufen sei. „Ach, Marie!"
sagte er, „ich bin ein unglücklicher Mensch. Warum
musste ich doch so arm geboren werden?" — Er erzählte
ihr hierauf die Sache und setzte hinzu: „Aber lass uns
gutes Muthes sein! mein Herz sagt mir, dass du den-
noch die Meinige werden wirst, und ich will von nun
an mit aller Macht arbeiten, um dich zu verdienen."
Indem sie so mit einander redeten und auf's Dorf
zugingen, wurde es allmählich Nacht. Auf einmal stieß
Martens mit dem Fuße an Etwas, das im Wege lag,
stolperte und siel. Da er wissen wollte, worüber er ge-
stolpert wär, und mit den Händen darnach griff, fasste
er ein Kästchen, welches für seine Größe ziemlich schwer
war. Er fühlte, dass ein Schlüssel darin steckte, und
da er auf dem Felde, wo man gegen Abend einige Hau-
fen Quecken verbrannt hatte, noch ein kleines Feuer er-
blickte, so ging er mit Marien hin, um bei dem Scheine
desselben zu sehen, was darin wär. Wie erstaunten
aber beide, als sie fanden, dass das Kästchen ganz mit
Geldrollen gefüllt war! „Dem Himmel sei Dank!" sagte
Marie, „da bist du nun auf einmal reich geworden." —
„Juchhei!" rief Martens und warf vor Freuden seinen
Hut in die Luft, „Juchhei, Marie! nun bist du meine
Frau!" — und so liefen sie voller Freude dem nahen
Dorfe zu.
^ Auf einmal stand Martens still. „Marie," sagte er,
„mir fällt etwas aufs Herz. Dies Geld soll unser Glück
machen; aber gehört es denn unser? Har es nicht Je-
mand verloren, und müssen wir es dem nicht wieder
geben? Wenn wir es behalten wollten, das wäre ja
eben so schlimm, als hätten wir es gestohlen! Der arme
Mann, der es verloren hat, wie mag er sich wohl jetzt
grämen! Es war vielleicht sein ganzes Vermögen! Nicht
wahr, Marie, wir müssen's ihm wiedergeben?"— „Das
müssen wir!" sagte Marie mit einem tiefen Seufzer.