1847 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Pechner, Fr.
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule, Volksschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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hiervon zu überzeugen. Die Römer schickten wegen Auswechselung der
Gefangenen den alten Senator Fabricius an ihn. Pyrrhus nahm
ihn freundlich auf und wollte ihm ein reiches Geschenk als ein Zeichen
seiner Hochachtung geben. Fabricius aber sprach: „Ich muß, lieber
König, dein Anerbieten ausschlagen. Zwar bin ich arm, besitze nur einen
kleinen Acker und ein Häuschen, bin aber dennoch glücklich, denn ich
werde von meinen Mitbürgern geachtet. Mein Acker giebt mir, was
ich bedarf. Jede Speise schmeckt mir, weil der Hunger sie, würzt, und
ver Schlaf ist mir nach der Arbeit sanft. Dieser Mantel schützt
mich gegen die Kälte, und meine einfachen Geräthe sind bequemer als
kostbare. Behalte also dein Gold, wie ich meine Armuth und meinen
guten Namen!" Tags darauf wollte der König auch die Unerschrocken-
heit dieses Mannes prüfen. Ec ließ in dem Zelte seinen größten Ele-
phanten hinter einen Vorbang stellen. Während der Unterredung ward
dieser weggezogen, und plötzlich streckte das Ungeheuer mit fürchterlichem
Gebrüll seinen Rüssel über den Kopf des Fabricius hin. Dieser aber
sprach lächelnd: „So wenig mich gestern dein Gold gereizt hat, so we-
nig schreckt mich heute dein Elephant." Voll hoher Achtung gegen die
Römer erlaubte Pyrrhus allen Gefangenen, zu einem gerade eintreffen-
den Volksfeste nach Nom zu gehen, und alle kehrten zurück, nachdem
sie bei den Ihrigen fröhlich gewesen waren. In der zweiten Schlacht
siegte Pyrrhus mit so großem Verluste, daß er ausrief: „Noch ein solcher
Sieg, und ich bin verloren!" Ein Jahr darauf erhielt Fabricius einen
Brief von Niceas, dem Leibarzte des Pyrrhus, in welchem dieser sich
erbot, gegen eine angemessene Belohnung seinen König zu vergiften.
Fabricius schickte diesen Brief dem Pyrrhus, nachdem er dabei geschrie-
den hatte: „Hieraus erkenne die Treue deiner Diener!" Pyrrhus er-
staunte ob solcher Verrätherei und solchen Edelmuth und rief aus: „Die-
ser Fabricius ist eben so wenig von dem Wege der Tugend abzubringen
als die Sonne von ihrer Bahn." Den gewissenlosen Leibarzt ließ ec hin-
richten, gab den Römern ihre Gefangenen ohne Lösegeld zurück und bot
ihnen abermals Frieden an. Die Römer meinten jedoch, zuvor müsse
er Italien verlassen. Für die ausgelieferten Gefangenen gaben sie ihm
eben so viele gefangene Griechen zurück. In der dritten Schlacht rech-
nete Pyrrhus wieder vorzüglich auf seine Elephanten; allein Curius
Dentatus, ein Mann, der an Edelmuth und Genügsamkeit dem Fa-
dricius glich, ließ mit großem Geschrei brennende Fackeln und Pech-
kranze unter die Elephanten werfen. Davon wurden die großen Thiere
wüthend, warfen die hölzernen Thürme ab sammt den Leuten darin,
zertraten die Soldaten umher und liefen davon. Pyrrhus wurde völlig
geschlagen, sein Lager erobert, und in der Nacht schiffte er mit dem
Reste des Heeres still in sein Land zurück. Mit Tarent fiel nun (172)
ganz Unter-Italien in der Römer Hände.
Der Krieg mit Pyrrhus hatte für die Römer wichtige Folgen;
denn von ihm lernten sie die neuere griechische Kriegskunst kennen, durch
welche 50 Jahre früher Alexander d. Gr. ein so mächtiges Reich grün-
dete. In Tarent und den übrigen Städten Unter-Italiens, welche
ebenfalls von den Griechen bewohnt waren, wurden die Römer mit der
Bildung und Sitten der Griechen näher bekannt; auch sie singen nun
an, Künste und Wissenschaften zu schätzen, und die Griechen wurden
hierin ihre Lehrer.