1847 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Pechner, Fr.
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule, Volksschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
378
ringen und Niederbaiern), die Markomannen (erst am Rheine,
dann in Böhmen) rc. Auch jenseits des Rheines wohnten deut-
sche Stamme, z. B. die Bataver.
Der Deutsche, durch blaue Augen, weiße Zähne und lange,
blonde Haare vor Römer, Slav und Gallier kenntlich, ragte an
Körpergröße (0— 7') weit, über den Römer hervor. Ein kurzer,
leinener Rock, mit einem Gurte befestigt, war ihr Kleid. Ueber
die Schultern hing eine Hirschhaut oder ein Schafpelz rc., mit-
telst eines metallenen Hakens zusammengehajten. Vornehmere
trugen eine mehr anschließende Kleidung (Beinkleid und Wamms)
von seltenen Thierfellen, mit andern Pelzstreifen besetzt, die Frauen
längere Gewänder aus selbst bereiteten Linnen, und die Kinder
liefen fast ganz nackt umher. Schon von früher Jugend wurde
Schwert, Lanze und Schild, die der Mann, statt sie als Mitgift
von der Frau zu empfangen, selbst der Braut zum Geschenk ver-
ehrte, die treue Freundin der tapfern Faust. An wilden Thieren
erprobte man deren Kraft und kämpfte sich zum Helden; künst-
liche Waffentänze gaben der Stärke die nicht minder nöthige
Gewandheit. Wer noch keinen Feind erlegt hatte, durfte seinen
eisernen Ring am Arme nicht ablegen. Die" Schlacht begann
mit einem durch die vor den Mund gehaltenen Schilde noch ver-
stärkten Schlachtgesang (Bardit), aus dessen hellerem oder dum-
pferen Klange der Anführer auf den Ausgang der Schlacht rech-
nete. Ein allgemeiner Angriffskrieg, eine Heerfahrt des gan-
zen Volkes war selten und seltener glücklich; kräftig focht der
Deutsche, wenn er für Weib, Kind und Heerd den Heerbann
zu allgemeiner Landwehr aufbot. In Friedenszeiten forderte
wohl auch ein versuchter Kämpfer Genoffen zu irgend einer krie-
gerschen Unternehmung auf, und forderte selten umsonst. Wer
aber folgte, war auf Tod und Leben dem Führer verbunden und
durfte ohne ihn nicht zurückkehren. Ein Theil der Beute war
der Lohn seiner Treue, später, als Grund und Boden erwünsch-
ter wurden, ein Theil des eroberten Landes. Man nannte diese
Begleitung Gefolge, Gesellen, Kameradschaft. (Kinderfreund l.
Nr. 205.)
Zur Friedenszeit war das Leben der freien Männer ziemlich
arbeitslos. Den geringen Ackerbau überließen sie den Knechten
und im Kriege gewonnenen Sklaven, den Weibern und Greisen.
Der Mann lag, die Jagd abgerechnet, auf der Bärenhaut und
zechte mit Andern von seinem Bier und Meth. Streit, Verwun-
dung, Todtschlag war dabei nicht selten. Noch leidenschaftlicher trieb
man das Würfelspiel; der letzte Würfelfall galt oft des Spielers
Freiheit, und willig ließ er dann sich fesseln und zum Sklaven
machen. Doch an solche Laster reihen sich wieder große Tugen-
den. Deutsche Treue und Biederkeit, Großmuth gegen den
Schwachen, Gastfreundschaft, Achtung gegen das weibliche Ge-
schlecht rc. rühmten selbst Feinde ihnen nach. Keusch und sittig