1847 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Pechner, Fr.
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule, Volksschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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51! nach Chr.) *) ist bereits im ersten Abschnitte erzählt. Wir
beginnen daher hier gleich Kdrfr. 1. Anh. Ii. Anh. Ii. S. 259.
§. 36.
Theodorich der Große, König der Ostgothen. 300.
(Kdrfr. I. Seite 239.)
Unter den Reichen, welche in diesem Zeitraum zur Blüthe gelang-
ten, nimmt das oft gothische in Italien die erste Stelleiin. Kaum
13 Jahre hatte Odoaker zu Ravenna geherrscht, als ein Mächtigerer
kam und ihn stürzte. Las war Theodorick) oder Dicdrich d. Gr.,
der Ostgothen König. Bisher hatten diese Ostgothcn in Pannonien,
dem heutigen Ungarn und Siebenbürgen, gewohnt und bei jeder Bewe-
gung den griechischen Kaiser Zeno zittern gemacht. Mit schwerem
Gelde bewirkte dieser Verträge und erhielt zur Sicherheit den jungen
Theodorich, den Sohn des ostgolhischen Königs als Geißel an seinen
Hof. Dort wuchs der Knabe zum blühenden Jüngling heran und wurde
vom Kaiser gar sehr ausgezeichnet. Er erhielt reiche Geschenke,
wurde sorgfältig unterrichtet und kehrte endlich, 18 Jahre alt, mit
großen Plänen in der Seele zu seinem Volke zurück, um den Thron
seines Vaters zu besteigen. Mit wachsender Angst beobachtete der Kai-
ser den unternehmungslustigen Jüngling und wünschte ihn weit von den
Grenzen seines Reiches. Daher war er froh, als Thecdorich einst zu
ihm sprach: „Du weißt, Italien liegt unter der Gewalt des Mieth-
lings Odoakcr. Erlaube mir, mit meinen Gothen dahin zu ziehen!
Falle ich, so bist du einen gefürchteten Nachbar los; segnet Gott aber
meine Waffen, so will ich Italien in deinem Namen reaieren.^ Der
Kaiser erlaubte es von Herzen gern, da ihm Italien nicht einmal den
Namen nach gehörte, und so zog Theodorich mit seinem ganzen Volke, mit
Weibern, Kindern und allen Habseligkeiten, die auf vielen tausend Wa-
gen nachgefahren wurden, von dannen. Odoaker erschrak nicht wenig,
als er den Anzug der Gothen erfuhr; er erwartete sie schon am Ein-
gänge Italiens, wurde aber mehrmals zurückgeworfen und mußte sich in
Ravenna einschließen, währen Theodorich ganz Italien unterwarf. Drei
Jahre lang vertheidigte er sich hier mit bewunderungswürdiger Tapfer-
keit und vereitelte alle Angriffe der Feinde. Erst als die Noth aufs
höchste gestiegen war, ergab er sich vom Hunger gezwungen, auf die
Bedingung, daß er Leben und Freiheit behalten solle. Theodorich nahm
ihn als Freund auf, aber nach wenigen Tagen ließ er ihn bei einem
feierlichen Gastmahle niederstoßen, indem er vorgab, Odoaker habe ihm
nach dem Leben getrachtet. So kam um das Jahr 492 Italien unter
die Herrschaft der Ostgothen, die sich durch das ganze Land zerstreuten
und nach ihren volkstbümlichen Gesehen und Weisen lebten.
Theodorich war ein wahrer Wohlthäter für Italien, und nicht mit
Unrecht ist ihm der Name des Großen beigelegt. Unter ihm lebte das
ausgeplünderte und vielfach zertretene Land sichtbar wieder auf. Weise
Gesetze wachten über Ordnung, Gerechtigkeit und Sicherheit, so daß man
sagte, man könnte ruhig einen Beutel mit Goldstücken auf dem Felde
*) Hiernach ist der Fehler Kdrfr. I. Seite 255 in der Uebcrschrist,
welcher sich bis in die 31. Aufl. durchgeschlichen hat, zu berichtigen.