1847 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Pechner, Fr.
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule, Volksschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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vermählte sich Alboin, nicht ahnend, daß sie an ihm ihres Hauses
Untergang rächen werde. Sein Ruhm erscholl weit über alle
Völker, und noch Jahrhunderte nachher ward in Heldenliedern
seine Tapferkeit, sein Kciegsglück und seine Freigebigkeit gepriesen.
Von den Gestaden der Donau wandte der Bezwinger der
Gepiden seine Augen auf die reicheren User des Po und der Ti-
der. Die Longobarden hatten >5 Jahre vorher, als Bundesge-
nossen des Narses, Italien der griechischen Herrschaft unterwerfen
helfen, und die Gebirge, Flüsse und Heerstraßen des schönen Lan-
des kennen gelernt; jetzt wurden sie durch denselben Narses ein-
geladen, die von ihnen aufgerichtete Herrschaft des Kaisers umzu-
stürzen. Narses befleckte nämlich den Ruhm seiner Tapferkeit
durch das Laster des Geizes. Da sandten die Römer an den
Kaiser Justin Ii. jjustinian lebte nicht mehr) und ließen ihm
sagen: „Es war uns besser, den Gothen als den Griechen zu
dienen; denn Narses hält uns wie Sklaven und der Kaiser hört
uns nicht. Darum befreie uns von seiner Hand, oder wir über-
geben uns den Barbaren/' Der Eroberer Italiens ward also
abberufen, und die Kaiserin Sophia, welche für ihren schwachen
Gemahl regierte, soll bei dieser Gelegenheit geäußert haben, Nar-
ses möge nur wieder zum Spinnwocken zurückkehren (er hatte
die Aufsicht über das kaiserliche Frauenhaus gehabt). Entrüstet
über diese unverdiente Kränkung, sprach Narses: „Ich will der
Kaiserin einen Faden spinnen, an dem sie lange zu wickeln haben
wird." Darauf ließ er den Longobarden sagen, sie möchten doch
die armseligen Fluren Pannoniens mit den gesegneteren Gefilden
Italiens vertauschen.
Auf diese Einladung brachen die Longobarden, begleitet von
20,000 Sachsen, aus Ungarn nach Italien auf und überließen ihre
Wohnsitze den Avaren. An einem heiteren Frühlingsmorgen des
Jahres 508 erblickten die fremden Wanderer von der Höhe eines
Berges mit freudigem Erstaunen zum ersten Male ihr künftiges
Vaterland. Schon im September waren sie Herren von ganz
Oberitalien bis auf die Seeplätze und die Stadt Pavia, welche
erst nach dreijähriger Belagerung erobert und dann zur Hauptstadt
des longobardischen Reiches gemacht wurde- ^ Noch jetzt heißt
jene Gegend die Lombardei. Bevor aber Alboin die Erobe-
rung Italiens vollenden und dem neuen Staate hinlängliche Fe-
stigkeit geben konnte, ward er ermordet, wie man sagt, auf An-
stiften seiner eigenen Gattin Rosamunde, die er in der Trunken-
heit auf einem Gastmahle bei Verona gezwungen hatte, aus dem
Schädel ihres Vaters zu trinken. Dieser Zug der Longobarden
nach Italien war der letzte in der großen Völkerwanderung.
Seit dem Untergange des römischen Reiches im I. 476 bis aus
diesen Einfall der Longobarden, also in einem Zeitraume von we-
niger als hundert Jahren, hatte demnach Italien vier mal
seine Beherrscher gewechselt. Zuerst eroberten es die Heruler