1855 -
Duisburg
: Ewich
- Autor: Ricken, W. M., Schüler, C.
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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nördliche ebene Tiefland eine Einöde von großen Morä-
sten durchschnitten. Rauher war das Klima, als jetzt,
denn Waldungen halten die Sonnenstrahlen ab, lassen
5, den Boden nicht austrocknen und kühlen daher die Luft.
Daher hat man schon längst die Erfahrung gemacht, daß
das Klima eines Landes durch Aushauen der Wälder,
und ausgebreiteten Anbau selbst milder wird. So ist es
auch mit Deutschland geschehen. Die Einwohner dach-
ten wenig an Ackerbau; die meisten unserer Getreide-,
10. Gemüse- und Obstarten waren damals noch gar nicht
dort einheimisch, und eine Weintraube kannte kein Deut-
scher; aber Heerden, vorzüglich von Rindern, waren
das Hauptbesitzthum der Bewohner. Dazu kam
der große Reichthum an wilden Thieren und Wildpret,
_ 15. den die endlosen Waldungen enthielten; damals hause-
ten in Deutschlands Forsten noch der Bär, das Elenthier
und der Auerochse; selbst das Rennthier soll dort gelebt
haben. Der Deutsche war den Indianern Nordamerikas
ähnlich; die gleiche Beschaffenheit des Vaterlandes zwang
20. sie zu ähnlicher Lebensart. Groß und kräftig war ihr
Körper, abgehärtet gegen die Rauhheit der Luft und die
Beschwerden der Jagd und des Krieges. Ihr Kleid war
das Fell erlegter Thiere, deren Gehörn ihnen selbst zum
Kopfschmuck diente; dadurch schon erschienen sie den an
25. schöne Gewänder und schimmernden Waffenschmuck ge-
wöhnten Römern fürchterlich. Keulen, Lanzen, Streit-
äxte, Schwerster waren ihre Waffen; keine Panzer, wohl
aber gewaltige Schilde schützten sie gegen den Feind.
Hütten von Baumstämmen oder Thierfellen gaben ihnen
30. hinreichenden Schutz gegen die Witterung, deren Rauh-
heit sie so wenig achteten, daß sie ihre Versammlungen,
Schmausereien und Feste stets im Freien hielten. Städte
kannte man nicht; Jeder bauete sich an, wo ein beque-
mer Platz ihn einlud; jedoch bildeten ihre Wohnungen
35. Dorfschaften, die aber weit von einander getrennt lagen,
denn nur schwach war die Bevölkerung des Landes.
Jagd und Krieg war das Hauptgeschäft des freien Man-
nes; für den nothdürftigen Ackerbau ließen sie Weiber
und leibeigene Knechte (Sklaven) sorgen. Bewaffnet war
40. daher der Deutsche stets; bei ihren Opfern, in der Volks-
versammlung, selbst bei Schmäusen und Trinkgelagen
fehlte Schwerdt und Lanze nicht; daher oft blutiger