1857 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Grommes, H. W.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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A. Von dem Staats-Oberhaupte, insbesondere
im preußischen Staate.
Damit überhaupt irgend ein Staat bestehen könne, ist es erfor-
derlich, daß die Unterthanen ihrem Oberhaupte, der höchsten Gewalt im
Staate, gehorsam seien. Ihr sehet ein, Kinder, wie Alles in Unord-
nung und Verwirrung gerathen müßte, wenn jeder Einzelne thun dürfte,
was ihm beliebte. In der heiligen Schrift heißt es: Alle Obrigkeit
ist von Gott, und auch deßhalb ist jeder Unterthan seinem Landesherm
Gehorsam, Ergebenheit, Treue und Ehrfurcht schuldig.
Wir haben also gegen den König dieselben Pflichten, welche eben
genannt worden find. Der König ist das Hanpt der gesammten Ver-
waltung des Staates, und es ist auch dem geringsten Unterthan nicht
verwehrt, sich unmittelbar an ihn zu wenden. Natürlich soll dieses aber
nur dann geschehen, wenn es einem unmöglich gewesen ist, von niederen
Behörden Hülfe zu erlangen.
4. Von der Staatsverwaltung in Preußen.
Der König kann nicht überall im Staate persönlich gegenwärtig
sein; er kann auch den Staat nicht allein verwalten, zumal einen
Staat, welcher, wie der preußische, 5116 Quadrat-Meilen groß ist und
etwa 171/2 Millionen Seelen zählt. Er muß daher Gehülfen haben; es
sind Anstalten erforderlich, die ihm bei der Regierung und Verwaltung
behülflich find. Zu diesen Anstalten, welche nach den verschiedenen Ange-
legenheiten des Staates verschieden find, gehören:
A. Die Gerichtsh öfe. Sie haben einen doppelten Zweck: erst-
lich, die Streitigkeiten und Processe zu schlichten, welche unter den Mit-
gliedern des Staates entstehen mögen; zweitens, die Vergehen und
Verbrechen zu ahnden, welche von denselben begangen wedven.
Für Rhein-Preußen, welches eine Zeit lang unter französischer Herr-
schaft gestanden hat, und wo bis auf den heutigen Tag zum Theil die
französischen Gesetze gelten, gibt es zu dem ersten Zwecke, d. h. zur Ent-
scheidung der unter den Bürgern entstandenen Processe, folgende gericht-
l ich.e Anstalten:
a) Die Friedensgerichte. Diese entscheiden über die kleineren
und Unbedeutenderen Processe. In der Regel nämlich können sie über
einen Gegenstand, der einen Werth von mehr als hundert Thalern hat,
nicht erkennen; in einzelnen Fällen jedoch ist es ihnen auch dann gestattet.
Beträgt der Gegenstand des Processes weniger als zwanzig Thaler, so
müssen sich die streitenden Parteien dem Ausspruche des Friedensgerichtes
unbedingt unterwerfen; beträgt er aber mehr, und eine der Parteien
glaubt, durch das Erkenntniß verletzt zu sein, so steht es ihr frei, sich an
das nächste höhere Gericht, das Landgericht, zu wenden. Schon die Be-
nennung dieser Gerichte zeigt an, daß ihre nächste Bestimmung darin be-
steht, unter den streitenden Parteien Frieden zu stiften, und daher bilden
auch die Friedensgerichte noch ein besonderes Vergleichsgericht, welches
darin besteht, daß in der Regel, ehe ein größerer Proceß, worin das