1857 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Grommes, H. W.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Befürchtungen macht er rege. Zuweilen zieht er sich lang gestreckt vor
den Blicken hin, wie eine große Chaussee, und stellt in nebeliger Ferne
viel Schönes in Aussicht. Zuweilen wieder ist er wie in Stücke zer-
hackt, Berge schließen ihn von allen Seiten ein, und wir fahren wie
in dem engen Kreise eines einsamen Bergsee's Wir drehen uns, und
wieder schießen wir in eine solche abgeschlossene Wassermaffe hinein h
es scheint, als reihe eine Kette von Seen sich an einander, an deren,
schroffen, felsigen Ufern wir zu scheitern fürchten. — Jetzt gelangen
wir an den Strudel bei Grein. In dem Thorwege desselben liegt auf
einem höchst malerischen Felsen die Insel Wörth; ihr gegenüber er-
heben sich zu beiden Seiten schroffe Felsenwände und bilden eine
dunkle Schlucht, etwa eine halbe Stunde lang. Mitten in dieser
Schlucht schießt der Strom, mit unaufhaltsamer Gewalt sich fortwäl-
zend, brausend dahin, und schon in weiter Entfernung hört man dieses
Getöse als ein dumpfes Rauschen. Die beim Strudel zusammenge-
preßten Gewässer erhalten in der Schlucht eine solche Richtung, daß
ihre Hauptmasse gerade auf einen großen Felsen zuströmt. Sie prallt
hier an und wird zurück geworfen, zugleich aber auch durch die nach-
folgenden Gewäffer wieder herumgedreht und weitergestoßen. Auf
diese Weise entsteht dann hinter dem Strudel der berühmte Wirbel.
Unter den vielen herrlichen Burgen und Schlössern, die sich auf
dieser Strecke an den Ufern der Donau majestätisch erheben und den
freundlichsten Anblick gewähren, ist vor allen die schöne Abtei Mölkzu
erwähnen. Diese Abtei oder, besser gesagt, die prachtvollen Paläste
und Kathedralen dieses unvergleichlichen Prälatensitzes liegen auf
einem Granitrücken, der das äußerste Vorgebirge eines von den Alpen
auslausenden Gebirgsarmes ist und mit rebengeschmückten Abhängen,
gegen die Donau hin abfällt. Auf jeder Seite des Hügels zieht sich ein
Fluß herab und schüttet sein Wasser in die Donau, deren Thäler sich
wiesen- und ackerreich der sie beherrschenden Abtei zu Füßen legen.
Unterhalb Mölk stehen aus grausigen Felszacken die Ruinen Dürren-
steins, des berühmtesten und besungensten Donauschloffes, das, im
Rücken von Felszacken und Bergmauern umschlossen, wie in einer fel-
sigen Einöde zu liegen scheint. Hinter Dürrenstein, wenn man um die
Ecke nach Mautern zu herumkommt, steht das letzte schöne Bild in der
herrlichen Gemäldegalerie zwischen Linz und Wien. Es gibt in der-
selben so unerschöpflich viel Schönes zu sehen, daß man hundert Augen
haben müßte, wollte man Alles darin entdecken. Zur Rechten und
zur Linken der Donau liegen die kleinen, freundlichen Städte Stein,
Mautern und Krems. Von einem Orte zum anderen zieht sich über die
Donau hin eine Schiffbrücke, auf der ganzen Strecke von Linz her die
erste. Beides, die Brücke und die Städtchen, find interessante Erschei-
nungen hier an der Scheide des Donau-Gebirgslandes und der Donau-
Ebenen. Im Hintergründe sieht man die Prachtgebäude des großen
Donaustiftes Gottweih auf einem 700 Fuß hohen Berge hervorragen.