1857 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Grommes, H. W.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
end der Boden ist überall mit dem schönsten Grün bekleidet,
vermischt mit tausenderlei Blumen und Kräutern, die einen bal-
samischen Duft rings umher verbreiten, beschattet von prächti-
gen Wäldern. Dieser Kranz, welchen man, wegen seiner un-
aussprechlichen Reize, zu verlassen Mühe hat, erstreckt sich
ebenfalls mehre Meilen hinauf.
Nun aber kommt die kalte Zone, welche die Italiener mit
vollem Rechte die unbebaute oder öde nennen. Da hört vor
der schneidenden Kälte Alles zu wachsen auf. Ewiger Schnee
und ewiges Eis bilden einen Ring von zwei Meilen Breite, aus
welchem des Berges kahler Gipfel hoch hervorragt. Dieser
Gipfel heisst Krater. Dies ist ein Schlund von grossem Um-
kreise, der Anfangs trichterförmig hinunter geht und zu einer
weiten Röhre führt, die jeden Sterblichen schaudern macht. Die
Röhre geht mitten durch den ganzen Berg, Gott weiss, wie tief
in die Erde hinein, zu einem Feuerraeere, das einen schwefeli-
gen, dicken Dampf oben hinaustreibt, der wegen seiner Schwere
nicht hoch über den Berg steigen kann, sondern wie eine dro-
hende Wolke sich senkt, bis er sich in der Luft vertheilt. Wehe
denen, die, zu kühn, sich in den glatten Trichter wagen und
des Schlundes Tiefe beschauen wollen! Mehre sind in den ent-
setzlichen Abgrund hinuntergestürzt.
Zuweilen kann sich der unterirdische Feuerpfuhl nicht mehr
halten. Mit dem wüthendsten Ungestüme macht er sich Luft,
fährt donnernd und flammend zum Krater hinaus, reisst Felsen-
stücke los, nimmt sie mit und schleudert sie hoch über die
Wolken, dass sie mit furchtbarem Tosen und Schmettern weit
umher wieder herunter regnen. Unterdessen wälzt er seinen
immer mehr schwellenden Strom glühenden Schwefels, Harzes
und Erzes, mit Erde vermischt, unaufhaltsam oben vom Gipfel
des Berges hinab in die Thäler und Ebenen, bis er sich ab-
kühlt, verdichtet und zu Hügeln und neuen Bergen anhäuft.
Auf diese Art sind die vielen Erhöhungen rings um den
Aetna entstanden. Sie bestehen alle aus Lava. So nennt man
die Masse des schrecklichen Feuerstromes, der bei und noch
einige Zeit nach einem Ausbruche den Berg hinunterfliesst.
Diese Lava wird die Grundlage zu den fruchtbarsten Gefilden,
welche die geflüchteten Menschen wieder heranlocken, um fröh-
lich dreifachen Ersatz dessen zu amten, was sie angstvoll ein-
gebüsst haben.
Zu den zerstörendsten Ausbrüchen, deren die Geschichte
erwähnt, gehört der vom Jahre 1669. In den letzten Tagen des
Monats Februar verdickte sich von zunehmendem Rauche, der
aus dem Krater stieg, die Luft, und der Himmel ward schwarz
von furchtbaren Wolken. Zischende Blitze, betäubende Donner-
schläge, heftige Erdstösse und lautes Brüllen tief aus dem In-
nern des Berges setzten Alles weit umher in Furcht und
Schrecken.