1857 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Grommes, H. W.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Tage geht der Müde im Schatten des Kameels; es wendet sich ge-
gen ihn und leckt ihm die Hand; des Nachts erwärmt es ihn. Der
Chamfin wälzt seine Gluthen über die Ebene, das Kameel ist wie-
der dem Menschen ein Schirm vor diesem Ungeheuer. Unterdessen
leeren sich die Wasserschläuche, die Tage werden heißer, lästiger; die
Schritte der Karawane erlahmen. Da zeigen sich endlich die grümn
Fluren der Fellahs (arabischen Bauern). Im Glanze des finkenden
Abends erheben sich die Kolosse der Pyramiden und die kahlen Ab-
hänge des Mokkatam. Zwischen ihnen strömt majestätisch der Nil, und
Aegyptens Hauptstadt, Kairo, breitet sich aus mit ihren Hunderten von
Thürmen, mit ihren Moscheen und Palästen ohne Zahl. Die Kara-
wane hat ihr Ziel erreicht. Die kostbarsten Erzeugnisse der Natur
nebst künstlichen Gebilden von Menschenhand, in Ballen und Kisten
verpackt, hat das Kameel hieher getragen. Seide aus Indien, Shawls
von Angora, Sammt aus Brussa, Baumwollengewebe von Mossul,
damascenische Säbel, persische Dolche, arabische Lanzen, Straußfedern
vom Cap und indisches Elfenbein, Perlen von Bahrein, duftende Oele,
Gummi, Weihrauch, Myrrhen, Granatäpfel, Datteln u. s. w. — alle
diese Seltenheiten liegen hier bei einander vereint, und die Kameele
find es, die sie tragen vom Senegal nach Mogador, von Bagdad
nach Mekka, von Timbuktu nach Alerandria, von Dschidda nach Kairo.
Schon warten die Nilbarken der Schätze, um sie dem Meere zuzu-
führen, und das Meer wird sie hinübertragen 'nach Europa in die
Bazars der Weltstädte, in die Schlösser der Fürsten, in die Museen
der Wissenschaften, in die Hallen der Industrie. — So ist denn in der
That das Kameel das Wüstenschiff, der wirkliche Träger und Führer
des Handels, des Verkehrs ganzer Völker.
* 31. Der Löwe.
Das mächtigste und kühnste unter allen Thüren ist unstreitig der
Löwe, der König der Thiere. Mit vollem Rechte verdient er diesen
Titel; denn Alles an ihm zeugt von seiner königlichen Würde. Mit
äußerer fürstlicher Pracht von der Natur ausgestattet, wie kein Thier
in der ganzen Schöpfung, ist er mit breiter Brust und schlankem,
glattem Leibe, mit kräftigen, musculösen Gliedmaßen ausgerüstet; ein
Schlag seiner Tatze — und sein Feind liegt zerschmettert zu seinen
Füßen. Von seinem Halse wallt eine prächtige, goldgelbe Mähne, die,
gleich einem Königsmantel, Kopf, Schultern und Hals bedeckt und
ihm ein gar stattliches Ansehen verleiht. Das Ende seines Schweifes
schmückt eine dicke Haarquaste. Und nun wie feurig, wie erhaben,
man möchte fast sagen: wie geistvoll ist sein Blick, wie würdevoll
seine ruhige Haltung, wie majestätisch sein Gang! Und sein empor-
gerichtetes Haupt, seine Größe und Stärke, überhaupt seine ganze
äußere Gestalt, bekundet dieses alles nicht den geborenen Herrscher
der Thiere, der uns mit Staunen und Bewunderung erfüllt?