1857 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Grommes, H. W.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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an der Ostsee, die Bataver in der Gegend der Rheinmündungen
u. a. m. Späterhin kommen die Namen Franken, Angeln,
Sachsen, Thüringer, Burgunder und Alemannen vor. Den
mächtigsten aber unter allen deutschen Volksstämmen bildeten die Fran-
ken, die sich auch bald alle übrigen unterwarfen.
Riesige Männergestalten waren die Ureinwohner unseres Vater-
landes, sieben Fuß messend von der Ferse bis zur Scheitel. Kühn
blitzte das Auge unter der buschigen Braue, und lockig wallte das
blonde Haar herab auf die breiten Schultern. Schild und Speer, die
Zeichen des freien Mannes, in den starken Armen tragend, schritten
sie einher als die unumschränkten Herren der Wälder, als die gewal-
tigen Helden, welche flüchtigen Laufes den Ur im Dickicht ereilen und
kämpfend ihn mit dem Speer erlegen. Stolz auf solche glücklich be-
standene Kämpfe, trugen fié die Zeichen ihrer Siege am Leibe; es
waren die Häute des erlegten Wildes, mit denen sie sich bekleideten.
Ackerbau und Viehzucht wurden von den Alten und von den Weibern
besorgt.
Die Deutschen theilten sich in Freie und Unfreie, d. h. Knechte
oder Sclaven, welche letztere aus Kriegsgefangenen bestanden. Nur
den Freien gebührte es, Waffen zu tragen. Der Tapferste war ihnen
der Erste, „Fürderste", Fürst oder ihr Herzog, weil er vor seinen
Kriegsmannen herzog. Der Tapfere wurde hoch geehrt, der Feige
verachtet; denn Muth und Ausdauer im Kampfe galten für die höch-
sten Tugenden des Mannes. Ein gegebenes Versprechen war ihnen
heilig, und freimüthig erklärten einst die Friesen den Römern: „Kein
Volk der Erde übertrifft die Deutschen an Treue!" Doch
sind nicht alle ihre Sitten nachahmenswürdig. Im Allgemeinen waren
sie dem Spiel und Trunk ergeben, wobei denn nicht selten Streit und
Schlägerei entstand. Allgemein war unter ihnen die Tugend der Gast-
freiheit, und sie hielten cs für schändlich, einem Fremden d:e Herberge
zu versagen. Die Frauen ehrten die vaterländische Tracht; sie trugen
leinene Gewänder, wozu sie den Stoff selbst spannen und webten.
Des Mannes Schmuck waren seine Waffen, und der deutsche Jüng-
ling durfte nicht ohne Schild und Schwert vor seiner Braut erscheinen.
Feste Wohnplätze liebten sie nicht, sondern sie zogen umher und wähl-
ten sich einen Aufenthaltsort nach Gefallen. Die Römer legten deß-
halb an der Donau, am Rheine und an anderen Gränzflüssen feste
Plätze an und unterhielten darin Soldaten als Gränzhüter. So ent-
standen nach und nach aus manchen dieser römischen Festen große
Städte, welche noch fortbestehen, z. B. Wien, Regensburg, Augsburg,
Mainz, Coblenz, Köln, Wesel u. a. m.
Die alten Deutschen verehrten ein höchstes Wesen unter dem Na-
men Allfadur, Alfader (Allvater), aber nicht in Tempeln,
sondern in Wäldern und Hainen. Doch verehrten sie daneben als
Götter: den Thor oder Donnerer und den Wodan oder Odin,