1861 -
Eisleben Leipzig
: Klöppel G. E. Schulze
- Autor: Westermeier, Franz Ä. Bogislav
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Reformiert
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Armen in die Schule getragen, woselbst er ziemlich streng
gehaltenw, denn er sagt selbst: bin eines Vormittags
in der Schule fünfzehn Mal nach einander gestrichen wor-
den." Als er in sein vierzehntes Jahr ging, that ihn sein
Vater auf die Schule zu Magdeburg, die vor allen berühmt
war; schon ein Jahr darauf aber nach Eisenach, wo seiner
Mutter Freundschaft war. Hier hat er vor den Thüren
der Leute mit andern Knaben gesungen, wie schon zuvor in
Magdeburg, um sich sein Brot zu verdienen; da aber eine
fromme wohlhabende Frau, mit Namen Cotta, gar großes
Gefallen an der herzlichen Andacht hatte, womit der Knabe
sang, so nahm sie ihn an ihren Tisch. Nachdem er vier
Jahre mit bestem Erfolg die Schule in Eisenach besucht,
haben ihn seine Eltern 1501 nach Erfurt gebracht. Hier
war eine damals weit berühmte Universität, und Luther
machte hier solche Fortschritte in den Wissenschaften, daß sich
Alle darüber verwunderten. ' Sie würden sich aber weniger
darüber verwundert haben, wenn sie gewußt hätten, daß Lu-
ther all' sein Tagewerk immer mit Gebet anfing, denn das
war sein Wahlspruch: „Fleißig gebetet ist über die Hälfte stu-
dirt." Hier in Erfurt ließ Gott ihn auch einen großen Fund
thun, der ihm mehr war, als alle Schätze der Welt — es
war die Bibel, die er sein Lebtag noch nicht gesehen hatte.
Er fand sie in der großen Büchersammlung der Universität,
und las nun so begierig und fleißig darin, daß er bald ein
rechter Schriftgelehrter ward. Seine Eltern wollten aber
lieber, daß er ein Rechtsgelehrter würde. Er geräth aber dar-
über in einen großen Kampf, und zu derselben Zeit findet
er seinen Freund Alerius, als er ihn eines Morgens besu-
chen will, todt im Bette, von bösen Buben ermordet, und
als er hinaus eilt ins Freie, kommt plötzlich ein heftiger
Donnerschlag, der ihn betäubt zu Boden wirft. Da denkt
er an Nichts, als an den Tod und das zukünftige Gericht,
will um Alles seine Seele retten, und weil er wähnt, sie
sei nirgends besser aufgehoben, als im Kloster, eilt er dahin
und wird ein Augustinermönch. Da hat er sich nun fast zu
Tode gemartert mit Beten, Fasten, Wachen, Frieren, Lesen
und anderer Arbeit, aber Frieden hat er für seine Seele
doch nicht dadurch gefunden, denn der wird durch kein
menschlich Werk erlanget, sondern allein durch den Glauben.
Das wußte Luther damals noch nicht, und ein alter Klo-
sterbruder mußte erst darin sein Lehrer werden. Als näm-
lich Luther einstmals vor großer Betrübniß über seine Sün-
«inderfrennd. 9. Aufl. 5