1861 -
Eisleben Leipzig
: Klöppel G. E. Schulze
- Autor: Westermeier, Franz Ä. Bogislav
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Reformiert
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brermädchen, und den Milchmann und die Gartenfrau auch.
Und als es still schweigt, rauscht schon der Wind und die
Tropfen fallen gegen die Fensterscheiben. Die Kleine aber
wundert sich und spricht mit leuchtenden Augen: „Das hat
mal schnell geholfen!"
2. T/as denrstth ige Kind.
Melanchthon, Luthers Freund, hatte ein Töchterlein; die
war ein gar holdseliges frommes Kind. Als sie aber einmal
weggegangen, und über die Gebühr lange ausgeblieben war,
fragte sie der Vater, was sie der Mutter nun wohl sagen
wolle, wenn diese sie tüchtig ausschelte. „Nichts," entgcg-
nete das Kind; und das machte dem Vater eine sonderliche
Freude, denn böse Kinder wissen immer Viel zu sagen, wenn
sie gescholten werden um ihres Ungehorsams willen. «
3. Die Verzeihung.
Sophie, ein sechsjähriges Mädchen, saß einst vor der
Hausthür und spielte. Sie hatte ihr ganzes kleines Kuchen-
geschirr vor sich, backte und kochte nach Herzenslust und war
so recht vergnügt. — Da kam ihr Bruder Anton, setzte sich
lachend zu ihr und sprach: Nun, da du so schöne Kuchen ge-
backen hast, will ich mich zu Gaste bitten! Hiermit griff er
nach den Tellerchen und ließ zwei der schönsten zur Erde
fallen. Jetzt nahm er auch die übrigen Schüsseln, schüttete
alles, was daraus war, weg, und verdarb seiner guten Schwe-
ster die ganze Freude.
Sophiens Augen füllten sich mit Thränen, allein kein
böses Wort entschlüpfte ihrem Munde. Sie sammelte die
Scherben der zerbrochenen Teller, packte Alles zusammen und
ging still ins Haus zurück. Anton lief auch fort, und kam
erst zur Essenszeit wieder, weil er fürchtete, Sophie habe ihn
seines Muthwillens wegen bei den Eltern verklagt. Aber
auch dies hatte die gute Schwester nicht gethan; Anton
bekam al|o keine Strafe. — Am Abend umarmte er sein
Schwesterchen, weinte und sagte: Sophie, du bist doch besser
als ich! Es war recht schlecht von mir, daß ich dein Spiel
verdarb, und du hast nicht einmal darüber gescholten, sondern
mir so gerne verziehen. Willst du mir einen Gefallen thun,
so nimm von mir dies schöne Pennal, welches dir neulich so
wohl gefiel. Thue es nur, dann erst bin ich wieder vollkom-
men ruhig. — Sophie nahm das Geschenk an und sagte:
Sei nur zufrieden, lieber Anton, ich bin ja nie böse mit dir
l