1861 -
Eisleben Leipzig
: Klöppel G. E. Schulze
- Autor: Westermeier, Franz Ä. Bogislav
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Reformiert
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neu! Gott straft mich deshalb auf's Schrecklichste! Viele,
viele Thiere habe ich' erbarmungslos zu Tode gemartert;
darum muß ich nun auf gleiche Weise fühlen, welch ein
Bösewicht ich war! Wie kann ich noch Trost finden? Wie
kann Gott mir barmherzig fein, da ich gegen seine Geschöpfe
so unbarmherzig war! Sein Zorn hat mich erreicht, und
wann wird sich sein Strafgericht hier und in der Ewigkeit
enden?" — Beide Beine mußten ihm bis zum Kniee abge-
nommen werden; er dachte dabei an die vielen grausamen
Verstümmelungen, die er mit lachendem Munde vollbracht
hatte; aber seine Furcht vor der Ewigkeit war so groß, daß
er selbst seine Beine den Messern des Arztes hinhielt und
während des Abnehmens nicht über seine großen Schmerzen,
sondern nur über seine Sünden schrie. Da tröstete ihn der
Geistliche, der ihn oft besuchte, durch den Trost des Evan-
geliums und forderte ihn auf, rechtschaffene Früchte der Buße
zu thun, auch, so er noch länger leben sollte, Andere von
einem ähnlichen Sündenleben abzuhalten. Der Unglückliche
wurde wieder hergestellt und lebte noch 25 Jahre. Wo er
Gelegenheit fand, erzählte er aufrichtig sein Verbrechen und
Gottes Strafe, und ermahnte besonders Knaben, durch sein
Beispiel vor gleichen Vergehungen sich zurückschrecken zu
lassen.
23. Das blinde Roß.
Vor langen, langen Jahren lebte in einer großen Han-
delsstadt ein reicher Kaufmann, Namens Usedom, der viele
Schiffe zur See hatte. Alles in seinem Hause sah prächtig
aus. Herr und Frau gingen in lauter Sammet und Seide.
Im Stalle standen vier Füchse für die Kutsche und ein
Schimmel zum Reiten. Dieser Schimmel war das schnellste
Pferd in der Stadt und der Kaufmann nannte ihn nur
seinen lieben Spring-in-dcn-Wind. Eines Tages ritt Use-
dom in den Wald. Plötzlich sprangen sechs Räuber auf
ihn zu, und hätte nicht der Schimmel durch seine Blitzes-
schnelle den Herrn gerettet, so wäre dieser verloren gewesen;
denn der eine Räuber hatte schon den Zaum des Pferdes
ergriffen, und der andere hielt eine große Stange vor, über
die aber der Schimmel wegsetzte. Ueber und über war der
Schimmel mit^ Schaum bedeckt, als er seinen Herrn nach
der Stadt zurückbrachte, und dieser nahm sich vor, ihn nie
zu verstoßen, sondern ihm täglich drei große Metzen Hafer
zu geben, bis er stürbe. Doch allmählig vergaß es Usedom,