1861 -
Eisleben Leipzig
: Klöppel G. E. Schulze
- Autor: Westermeier, Franz Ä. Bogislav
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Reformiert
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leins Schreibzeug wäre. Also schrieb erbos Recept und be-
lehrte die Frau, in welche Apotheke sie es schicken müsse,
wenn das Kind heim komme, und legte cs auf den Tisch.
Als er aber kaum eine Minute fort war, kam der rechte
Doctor auch. Die Frau verwunderte sich nicht wenig, als
sie hörte, er sei auch der Doctor, und entschuldigte sich, es
sei schon einer dagewesen und habe ihr Etwas verordnet,
und sie habe nur auf ihr Büblrin gewartet. Als aber der
Doctor das Recept in die Hand nahm und sehen wollte, wer
bei ihr gewesen, und was für einen Trank oder was für Pillen
er ihr verordnet habe, erstaunte er auch nicht wenig, und sagte
zu ihr: „Frau, ihr seid einem guien Arzte in die Hände ge-
fallen ; denn er hat euch fünf und zwanzig Goldstücke ver-
ordnet, beim Zahlamte zu erheben, und unten an steht Jo-
seph, wenn Ihr ihn kennt. Eine solche Arzenei hatt' ich
Euch nichr verschreiben können." Da that die Frau einen Blick
gegen den Himmel und konnte Nichts sagen vor Dankbar-
keit und Rührung, und das Gelb wurde hernach richtig und
ohne Anstand von dem Zahlamte ausgezahlt, und der Doc-
tor verordnete ihr einen Trank; und durch die gute Arzenei
und durch die gute Pflege, die sie sich jetzt verschaffen konnte,
stand sie in wenig Tagen wieder auf gesunden Beinen. Also
hat der Doctor dle kranke Frau geheilt, und der Kaiser die
arme. Hebel.
30. Geiz ist die Wurzel alles Uebels.
Wenn im Winter die Fenster gefroren sind, dann drücken
die Kinder wohl manchmal Geldstücke in den Reif und in
das Eis und nehmen sie wieder ab. Jedes Geldstück läßt
dann sein Wappen oder seine Schrift auf dem Eise zurück.
Solch Fenster sieht dann gar bunt aus, und auf einer Scheibe
commandiren viele Potentaten. Eben so sieht auch das Herz
eines Geldgierigen aus. Jeder Thaler und Friedrichsd'or
hat sein Wappen'zurückgelassen. Aber es komniandirt doch
nur ein Polentat darin, näinlich Desideritis oder Gierharb l.
Das ist aber ein gar strenger Herr. Wenn die Güter verloren
gehen, dann stößt er häufig seinen Unterthanen das Herz ab.
Die Jahre 1779, Nu und 81 stehen uns noch als Was-
ser- und Hungerjahre im Gedächtniß, uns freilich nur durch
Hörensagen; unsern Großeltern standen sic aber aus Erfah-
rung darin. In jenen Jahren lebte in den Odergegendcn
ein Mailn, deß Feld war Höhenland und hatre gut getra-
gen. Uud sein Feld war groß, so daß er eine gewaltige