1861 -
Eisleben Leipzig
: Klöppel G. E. Schulze
- Autor: Westermeier, Franz Ä. Bogislav
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Reformiert
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ks fast gar nicht geschneiet; erst am 5. und am Abend die-
ses Tages kam Sturm dazu, wodurch das Gestöber so hef-
tig wurde, als man es selten sieht. Vier Pulk Kosacken
fanden den Weg um die Stadt, den sie ziehen sollten, ver-
schneiet, und warfen sich nun in die Stadt hinein, blieben aber
alle in dem Theile derselben, der ihnen am Nächsten war,
und der ziemlich weit von dem größeren Theile entfernt lag.
Darum wurden dort die Häuser mit Soldaten überladen,
so daß wohl 60 biö 70 Mann sich in mehrere der Woh-
nungen einquartirten, die um das Haus der alten frommen
Frau lagen; und schrecklich gings da zu. Warum aber der
wilden Fremdlige Keiner auch nur an das Fenster der ar-
men Frau zu ihrer größten Verwunderung klopfte, das fand
sich erst am andern Morgen. Der Glaube hatte ihr gehol-
fen. Wer glaubt, dem hält der Herr oft ganz wörtlich
Wort. Wirklich hatte Gott in der Nacht eine Mauer um
das Haus der Frau gebauet; ein mannshoher Schneeberg
zog sich vor dem Hause her, daß die Kosacken wohl hatten
von ihm wegbleiben müssen. „Siehst Du nun," sagte die
Großmutter zum Enkel, „daß Gott auch eine Mauer um
uns bauen kann?" Der Enkel staunte den Schneeberg an
und schämte sich seines Unglaubens.
80. Die Kuh und der gesegnete Kirchgang.
In unsrem Dorfe, erzählte eine fromme, Gott vertrauende
Mutter ihren Kindern, wohnte eine arme Wittwe mit fünf
Kindern, die war sehr arm, und ernährte sich kümmerlich
mit ihrer Hände Arbeit. Es gelang ihr Anfangs zwar wohl,
und sie konnte jährlich von ihrem kleinen Felde ziemlich ein-
ernten; am übrigen Hausbedarf fehlt es uuch nicht gänzlich.
Allein eines Jahres mißrieth die Frucht, und dazu starb ihr
die einzige Kuh, die sie hatte. Da saß sie nun mit ihren
fünf Kindern und hatte Nichts zu brechen und zu beißen.
Darüber wurde sie mißmuthig, und sprach in der Unge-
duld ihres Herzens: „Betteln mag ich nicht; Arbeit und
Fleiß nützen mir Nichts; es wäre mir besser, ich stürbe.
Als sie nun so mit ihrem Kummer da saß, hörte sie von
Ferne das Geläute aus dem Dorfe, und das Getön war
ihr ganz erquicklich; denn so, dachte sie, wird man mir bald
zu Grabe läuten. Darauf trat ihr Töchterlein in die Kam-
mer und sagte: „Mutter, sie läuten im Dorfe, willst Du
nicht in die Kirche gehen? Ich will das Haus wohl hüten."
Dies sagte das gutartige Kind, weil die Mutter sonst alle