1861 -
Eisleben Leipzig
: Klöppel G. E. Schulze
- Autor: Westermeier, Franz Ä. Bogislav
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Reformiert
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sen Freude das Klosterkleid aus, und verdammte sie zum
Scheiterhaufen. Ehe sie dahin geführt wurden, reichte man
ihnen eine Schrift zum Vorlesen dar, worin ihre angeblichen
Irrthümer enthalten waren. Sie lasen Alles mit unerschrocke-
ner Glaubensfreudigkeit« Als man den Einen fragte, ob er
von Luther verführt worden sei, antwortete er: „Ich bin
verführt, wie die Apostel von Christo verführt sind." Jetzt
säumte man nicht länger. Man entkleidete sie und führte
sie zum Feuer, und als man sie an die Pfähle anband,
umfaßten sie dieselben und riesen Einer um den Andern:
„Ich glaube an Jesum Christum! Herr Gott! dich loben
wir!" Ja, der Eine, hoch erfreuet darüber, zu Jesu Ehre
sterben zu können, sprach sogar, als man das Feuer ihm unter
die Füße legte: „Es dünkt mich, als streue man mir Rosen
unter." Und als die Flamme über sie zusammenschlug, be-
teten sie: „Ach, Herr Jesu, komm; wir sind dein, lebend
und sterbend!" Und mit der hoch auflodernden Flamme
stieg ihr Geist zum Himmel empor.
90. G o t t h o l d.
Die Schornsteine der Stadt rauchten eben sehr stark;
dies bemerkte Gotthold auch, und schloß'daraus, daß über-
all die Bewohner mit dem Zubereiten des Mittagessens be-
schäftigt seien; da mußte er denken: „Mein Gott, es steigt
zwar der Rauch von unsern Küchen täglich und häufig aus,
aber bei den Mehresten von uns wird vergessen, daß auch
Dankbarkeit und Gebet zu dir als Rauchopfer aufsteigen
sollen. Ach, laß mich dies niemals vergessen!
Gotthold sah einmal zwei Menschen, welche in einer
Gesellschaft mit Worten an einander gerathen waren. Der
Eine von ihnen hatte auf den Rath verständiger Freunde
still geschwiegen, und den Andern allein sprechen und fort-
zanken lassen. Mit der Zeit aber wollte ihm sein Still-
schweigen beinahe leid werden, weil er meinte, er werde von
andern Menschen für zaghaft gehalten werden, auch werde
der Zänker in Zukunft ihn ferner beschimpfen, weil es ihm
diesmal so durchgegangen wäre. Als Gotthold dies bemerkte,
sagte er zu ihm: „Lieber Freund, wenn Du einen Berg hinan
gehen wolltest, und es würde Dir ein großer Stein oder
Klotz entgegengerollt, würdest Du es auch für schimpflich
halten, ihm aus dem Wege zu gehen? ich meine nicht."
Kindtrfrrund. 9 Aufl.
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