1856 -
Darmstadt
: Diehl
- Autor: Curtman, Wilhelm Jakob Georg
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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stammt und zuverlässig wahr ist, sind cs aber ein Hund und eine Katze
zusammen, welche zur Entdeckung eines Mordes führten.
Ein Arzt in einer französischen Stadt wurde von dem Richter
benachrichtigt, es sei an einer Frau in einem näher bezeichneten Hause
ein Mord begangen worden, und beauftragt die Leiche zu untersuchen,
une Dies bei jedem Ermordeten geschehen muß. Der Bericht dieses
Arztes lautet nun wie folgt.
Ich ging in das bezeichnete Haus und fand in einem kleinen
Gemache den blutigen Leichnam einer Frau auf der Erde. Ein Wind-
spiel, das zu ihren Füßen lag,,leckte sie von Zeit zu Zeit und heulte.
Bei unserer Erscheinung stand es auf, bellte nicht, lief auf uns zu
und kehrte zu seiner Gebieterin zurück. Sein eingezogenes Haupt, sein
langsamer Gang, alle seine Züge drückten die tiefste Trauer auö.
Aber mehr noch zog eine große, weiße Katze meine Aufmerksamkeit auf
sich. Sie war wahrscheinlich im Augenblicke der Ermordung auf
einen Schrank in dem Hintergründe des Zimmers gesprungen. Unbe-
weglich auf dieser Stelle heftete sie ihren Blick auf den Leichnam; ihre
Stellung, ihre Blicke bezeichneten ihr Entsetzen. Nach einer kurzen Un-
tersuchung entfernte ich mich und versprach dem Richter am anderen
Morgen um 10 Uhr mit noch einem Arzte tvieder zu kommen und
die Leiche in Gegenwart der wahrscheinlichen Mörder zu öffnen. Ich
kam. Der erste Gegenstand, der die Blicke meines Kollegen auf sich
zog, war die nämliche Katze. Sie befand sich auf dem nämlichen
Platze, in der nämlichen Stellung und ihre Blicke hatten einen Grad
von Wildheit erreicht, der uns befürchten ließ, sie wäre wüthend.
Darauf erschienen die Justizbeamten und die Wache. Der Tu-
mult der Umstehenden, das Geräusch der Waffen, Nichts konnte die
Aufmerksamkeit der Katze und ihre wilde, drohende Stellung stören
oder verändern. Ich war eben im Begriff, die unglückliche Frau zu
öffnen, als man die angeklagten Mörder hereinführte. Kaum hatte
die Katze sie erblickt, so wurden ihre Augen noch wilder und sprühten
Feuer, ihre Haare sträubten sich in die Höhe, sie sprang mitten in
das Zimmer, hielt einen Augenblick stille und legte sich dann unter
das Bett zu dem treuen Hunde. Diese stummen, aber furchtbaren
Zeugen entgingen den Schuldigen nicht; vielleicht ließ sich die Stimme
des Gewissens in diesem Augenblicke hören. Sie längneten zwar,
aber gewiß ist eö, daß ihre Züge sich veränderten, und ihre wilde
Unverschämtheit wurde weit stärker als während der ganzen Unter-
suchung erschüttert.
Nach späteren Nachrichten gestanden sie wirklich ihr Verbrechen
ein und erlitten die verdiente Strafe.
7. Bestrafte Thierqualerei.
Ein Bauer in Thüringen, der im Rufe der Rohheit stand, traf
eines Morgens seinen kräftigen Kater über dem Milchnapfe. Statt
den Dieb.mit einigen Schlägen zu bestrafen, steckt er den Kater in
die Röhren eines glühend heißen Ofens, die er darauf verschließt.
Das unglückliche Thier gab bald durch ein entsetzliches Heulen und Kratzen
feine Schmerzen kund, und als nach einer Viertelstunde der hartherzige